OBERHAUSEN. . Für die Kurzfilmtage baut Khavn de la Cruz „Happyland“ in die Kunsthalle. Zur knallbunten Inszenierung gehören Modenschau und Konzert-Abende.
- In der dreieinhalb-stöckigen Slum-Hütte liegen zerknüllt die Alufolien eines „Crystal“-Süchtigen
- Doch der erste Eindruck von „Happyland“ ist der eines kreischbunten Volkskunst-Sammelsuriums
- Allround-Künstler Khavn de la Cruz holte mit dem Flieger das Manila seiner Filme nach Oberhausen
In der lichten Kunsthalle des Zentrums Altenberg trägt Khavn de la Cruz Sonnenbrille. Man könnte es als Kommentar zu seiner eigenen Ausstellung „Happyland“ verstehen – so grellbunt und prall gefüllt, so souverän changierend zwischen Kitsch, Kunst und Happening zeigt sich der weite Raum, den der Verein für aktuelle Kunst sonst stets mit Dezenz bespielt.
Aber Zurückhaltung ist das Gegenteil von Khavns Kunstauffassung: Als Filmemacher drehte der 44-Jährige aus Manila seine inzwischen über 150 (Kurz-)Filme meist inmitten des wilden Lebens in der Zwölf-Millionen-Metropole der Philippinen. Für „Happyland“ lässt das eloquente Multitalent eine ganze Slum-Siedlung entstehen – mit der kompletten Infrastruktur von Garküche bis Kirche.
Khavn hat Großeinkäufe in Manila hinter sich: Die leuchtend farbige Volkskunst reicht vom Jeepney-Sammeltaxi als Miniatur-Schnitzarbeit bis zu Fußmatten, die an der weißen Wand wie abstrakte Op-Art wirken. Eine fröhlich-bunte Welt?
Im Rundgang durch „Happyland“ weist Khavn ganz en passent auf die harten Seiten des Slum-Lebens: Da ist das im deutsch-philippinischen Material-Mix und mit Helfern aus dem katholischen Jugendwerk „die Kurbel“ erbaute Wohnhaus auf dreieinhalb Etagen – ein Strickleiter reicht sogar bis an die Hallendecke. Fernseher, Kühlschrank und Ventilator gehören dazu. Aber Khavn deutet auf den Boden im ersten Stock, übersät mit Alu-Folien: „Crystal Meth.“
Betont düster, nämlich ausgekleidet mit schwarzer Folie, ist auch der „Heilige Korridor“, wie Khavn sagt: „Wer ihn durchschreitet, dem sind für sieben Jahre alle Sünden erlassen.“ Allerdings passiert der reuige Sünder im engen Gang eine Schrift-Wand voll mit den übelsten Sprüchen des philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte. Und gegen die verbalen Ausfälle des 72-Jährigen ist Donald Trump ein Musterknabe der geräuschlosen Diplomatie.
Mit einem schallenden Lachen beantwortet Khavn die Frage nach der Beliebtheit philippinischer Regierungschefs. Denn im Mittelpunkt der „Happyland“-Räume thront ein pompös-silberner Sarg im Disco-Licht, ins Seidenfutter geheftet das Namensschildchen „Marcos Aquino“. Wer näher tritt – sieht sich im Spiegelbild.
„Wir Filipinos sind sehr katholisch“, sagt Khavn und bekreuzigt sich. Der überladene Haus-Altar in „Happyland“ wirkt allerdings wie die Welt-umarmende Vereinnahmung vieler Religionen. Eine gelbe Schlange windet sich um den Heiligenschein der Marien-Statue.
Die Couture a la Khavn ist nur eine Wand entfernt: Hier liegt – mit Etiketten wie „Waldemar“ und „Marieluise“ – jene Garderobe bereit, die der Allround-Künstler in Manila maßschneidern ließ. Jene modemutigen Oberhausener, die sich bei den Kurzfilmtagen gemeldet hatten, werden heute darin zur Eröffnungs von „Happyland“ vom Bahnhof ins Zentrum Altenberg defilieren, knallbunt, versteht sich.
Ach ja, und Khavn de la Cruz tritt nicht bloß an jedem der nur fünf Ausstellungsabende als Musiker in wechselnden Band-Besetzungen auf. Er schneidet auch allen, die sich auf den goldenen Frisiersessel wagen, die Haare. Man muss nur fast so mutig sein wie die Menschen im wirklichen „Happyland“.
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„Happyland“ öffnet – leider nur bis zum 16. Mai – täglich von 15 bis 24 Uhr im Zentrum Altenberg. Die duftende Garküche des Restaurants „The Abominable Spaceship“ vorm Eingang weist den Weg.
Khavn selbst beteiligt sich allabendlich am Musikprogramm: Mal funky, mal mit traditionellen Bambus-Instrumenten, zum Schluss als Klavier-Solo.