Oberhausen. . Tausende Deportierte aus Osteuropa mussten im Zweiten Weltkrieg in Oberhausen Zwangsarbeit leisten. Ein Aktionstag erinnerte an sie.
- Aktionstag am Förderturm der Zeche Sterkrade erinnert an Schicksal der Zwangsarbeiter
- Schüler hatten auf einer Wiese die Umrisse einer Baracke errichtet
- Auch Führungen durch den Förderturm wurden angeboten
Ihre Zahl ging in die Tausende. Allein der Westfriedhof zählt nach Angaben von Marion Timmermann von der Jugendgeschichtswerkstatt Oberhausen fast 1300 Gräber von Zwangsarbeitern. Ihnen widmeten die Geschichtswerkstatt und die Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur am restaurierten Förderturm der ehemaligen Zeche Sterkrade am Sonntag einen Aktionstag.
20 Schülerinnen und Schüler des Bertha-von-Suttner-Gymnasiums sowie der beiden Gesamtschulen Weierheide und Osterfeld hatten sich bereitgefunden, auf einem Feld neben dem Förderturm die Grundrisse einer Gefangenenbaracke abzustecken. Die Markierung von zehn mal 30 Metern zimmerten sie aus Holzlatten und strichen sie leuchtend Rot an.
Wanderausstellung zum Thema
„Wir befassen uns gerade im Unterricht mit den Gründen, die zur Herrschaft Hitlers geführt haben“, erklärte eine Schülerin. Offenbar sei damals die Ansicht die gewesen, dass der Stärkere sich den Schwächeren zu unterwerfen habe, resümierte sie zum Thema Zwangsarbeit.
Die Lageskizze im Eingangsbereich des Förderturms ließ nur erahnen, was sich zwischen 1943 und 1945 hier abgespielt hat. „Jeder Dritte auf der Zeche war in jener Zeit ein Zwangsarbeiter“, sagte Marion Timmermann. Allein das Kriegsgefangenenlager hier bestand aus acht Baracken, in jeder waren 200 Männer zusammengepfercht. Daneben gab es aber auch noch ein Frauenlager und eines für Jugendliche, die man ebenfalls, meist aus der Ukraine, hierhin deportiert hat.
Schicksale nicht gut erforscht
Für Oberhausen selbst sind die Schicksale der Zwangsarbeiter nicht gut erforscht. „Es wird aber intensiv an dem Thema gearbeitet“, berichtete der Geschichtslehrer Frank Henkemeyer von der Gesamtschule Weierheide. Er nutzt Freistunden dazu, mit Schülern das Areal zu begehen. „Der lokale Bezug, das Menschliche an der Sache, führt nach meiner Erfahrung dazu, dass Jugendliche anfangen, sich mit Geschichte zu beschäftigen“, sagte er.
Im Obergeschoss des Förderturms war eine Wanderausstellung des Berliner Vereins „Kontakte“ aufgebaut, die das Schicksal von Zwangsarbeitern in Deutschland erzählt. So erschütternd wie die Ausstellung war auch der Brief eines Zwangsarbeiters, den Schüler Dominik (18) von der Gesamtschule Osterfeld zur Eröffnung der Ausstellung verlas. Er stammte von einem 85-jährigen Ukrainer, der sich Ende Februar 2007 für die damals erhaltene Entschädigungszahlung beim Verein bedankt hat.
Die Wanderausstellung ist ab heute und bis Freitag, 7. April, in der Gesamtschule Osterfeld zu sehen, anschließend bis zum Ende des Monats im Bunkermuseum Alte Heid im Knappenviertel. Die Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur bietet jeden ersten und dritten Sonntag eines Monats um 14 Uhr eine Führung durch den Förderturm an.
>> AUS DEM BRIEF EINES ZWANGSARBEITERS
Aus dem Dankschreiben von Michail Filippowitsch (85) an den Verein „Kontakte“ vom 6. Februar 2007:
„Ich arbeitete als Hilfsarbeiter von 1943 bis 1945 im Bergwerk Oberhausen-Sterkrade. Wir Kriegsgefangene waren krank, kraftlos und hungrig. Wir stanken. Wir waren Sklaven hinter Stacheldraht, Zielscheibe für Maschinenpistolen. Jeder von uns wurde aufmerksam beobachtet. Wenn jemand etwas Falsches tat oder einfach nicht gefiel, wurde sein Leben leicht entzogen.“
„Ich habe dank einem Deutschen das Glück gehabt zu überleben. Ich wurde als Helfer bei ihm eingestellt. Er versteckte Essen in einem Hohlraum in der Wand, mal ein Stück Brot, mal eine Kartoffel. So überlebte ich. Dieser Mensch bedeutet für mich sehr viel. Er riskierte sein Leben und rettete mich.“