Oberhausen. . Oberhausens Oberbürgermeister befürchtet, dass sich die Bürger vor Terrorismus zu sehr ängstigen. Im Interview will er die Menschen beruhigen.
- Oberbürgermeister Schranz will Salafisten-Aussteiger-Projekt in Oberhausen etablieren
- Schranz sorgt sich um das Sicherheitsgefühl der Bürger – und den Ruf von Oberhausen
- Sicherheitsmaßnahmen bergen auch die Gefahr, dass Oberhausener zu viel Angst haben
Mit Maschinenpistolen bewaffnete Polizisten streifen durchs Centro; ein in Oberhausen aufgewachsener Salafist droht mit einem Anschlag aufs Essener Einkaufszen-trum; Polizeikreise bewerten Oberhausen als Salafisten-Hochburg – angesichts der Ereignisse der vergangenen Wochen sieht Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) die Gefahr, dass seine Heimatstadt in falsches Licht gerät. „Wir müssen aufpassen, dass nicht ein Zerrbild entsteht, als ob in oder rund um Oberhausen jeden zweiten Tag ein Anschlag bevorsteht.“
Bei allem Verständnis für die Vorsicht der Sicherheitsbehörden, ein Einkaufszentrum lieber zu früh als zu spät zu schließen, dürfe die Bevölkerung nicht verängstigt werden. „Das treibt uns um, wenn die Leute zu fragen beginnen, kann man in Oberhausen sicher leben? Natürlich kann man das, selbstverständlich verfolgen die Sicherheitsbehörden die entsprechende Szene hier vor Ort sehr aufmerksam“, beruhigt Schranz.
Staatsschutz vermutet Treffen von rund 20 Salafisten
Nach Informationen dieser Zeitung geht der Staatsschutz davon aus, dass sich in Oberhausen rund 20 Salafisten treffen – der harte Kern soll sich in zwei Moscheen nahe der Innenstadt immer wieder mal versammeln. Salafisten sind fundamentalistische Islam-Gläubige, aber nicht unbedingt als Gefährder eingestuft.
Das Beispiel des Oberhauseners Imran René Q., der nach Darstellung der Behörden die Anschlagsdrohung gegenüber Essen formuliert hat, zeigt ähnlich wie Fälle in Frankreich, in den USA oder in Großbritannien: Im eigenen Land aufgewachsene Jugendliche können sich zur Terrorgefahr entwickeln.
Was sind die Gründe? Haben Behörden, Schulen oder das Sozialsystem versagt? Schranz nennt mehrere Ursachen für eine Radikalisierung von Jugendlichen. Sie können in der eigenen Familie liegen, in geringen Zukunftschancen junger Menschen, der Kontakt zu Freunden spielt ebenso eine Rolle wie das Akzeptanzgefühl. „Radikalisierung liegt nicht in erster Linie an einer mangelnden Integration, sondern gewaltbereiter Extremismus hat schon Jugendliche mit oder ohne Migrationshintergrund angezogen“, analysiert Schranz. „Ich befürchte, dass man eine solche Radikalisierung nicht ganz verhindern kann. Dabei haben wir noch nicht einmal wie in Frankreich das Problem massiver Parallelgesellschaften. Allerdings sind wir in der Pflicht, die Situation offensiv anzugehen.“ Dazu gehöre, Jugendlichen durch mehr Lehrstellen eine Perspektive zu geben, aber auch, sich intensiv um abdriftende junge Menschen zu kümmern.
„Deshalb wollen wir, dass wir das Projekt Wegweiser nach Oberhausen bekommen.“ Das Salafisten-Aussteigerprojekt des Innenministeriums ist ein Versuch, mit Beratungen Jugendliche wieder auf den richtigen Weg zu bringen.