Oberhausen. . Alle zwei Monate präsentieren sich Poetry-Slam-Gewinner im Ebertbad. Die neue Sprachkunst ist ein Mix aus Rap und Witz, Geschichte und Gedicht.

  • Seit drei Jahren moderiert Sebastian 23 die „Best of Poetry Slam“-Abende im Ebertbad
  • Die jüngste Ausgabe ließ der bald 38-Jährige von Techno-Bässen befeuern
  • Seine Kollegen waren lyrisch, ein bisschen (un)modisch und eine Prise politisch

Es ist dunkel im Ebertbad. Laut und rhythmisch dröhnt der Techno-Bass durch den Saal. Auf der Bühne, getaucht in tiefrotes Licht, stehen ein biedermeierliches Sofa und zwei Sessel. Darüber der Schriftzug „Best of Poetry Slam“.

Unter diesem Titel präsentierten fünf Poeten ihre Texte. Poetry Slam ist eigentlich ein vor 33 Jahren in Chicago kreierter Vortragswettbewerb. Literaten tragen unter Zeitdruck ihre eigenen Texte vor; ob Geschichten, Gedichte oder Gesang. Am Ende stimmt das Publikum ab und kürt den Sieger. Das „Best of Poetry Slam“ im Ebertbad ist aber vielmehr eine Siegerschau, denn diese Besten-Auslese gewann schon diverse Wettkämpfe.

Wie in einem Fußballstadion

Unter tobendem Applaus tritt Moderator Sebastian 23 auf die Bühne. „Wir wollen euch in die Technoparty-Grundstimmung bringen. Gleich eskalieren wir.“ Dann fühlt man sich wie in einem Fußballstadion und Tierheim zugleich. „Huh“, rufen jene Zuschauer, die schon einmal bei einem Poetry Slam waren – und „Miau“ die Neulinge. Den ersten Text trägt der Moderator selbst vor. In „Ärger der Monotonie“ appelliert der bald 38-Jährige, dass man alles einfach anders machen soll; dem Hund in den Fuß beißen oder der Deutschen Bahn sagen, dass man heute selbst zu spät kommt.

Gewöhnungsbedürftig: Slam-Veteran Wolf Hogekamp lässt Bässe wummern.
Gewöhnungsbedürftig: Slam-Veteran Wolf Hogekamp lässt Bässe wummern. © TT

Pünktlich auf der Bühne erscheint dagegen Wolf Hogekamp, der 1994 erster Deutscher Meister im Poetry Slam wurde. In Kapuzenjacke, extraweiter Hose und schwarzer Mütze tritt er ans Mikrofon. Zum Wummern eines monotonen Basses schüttelt er mit dem Kopf und spricht. „Das ist sehr gewöhnungsbedürftig“, meint Zuschauerin Kerstin Lanfermann, die zum ersten Mal bei einer solchen Veranstaltung ist. „Es ist aber auf jeden Fall lustig und macht Spaß.“

Poetin Sandra Da Vina erzählt lebensnah davon, wie sie in einer gut ausgeleuchteten Umkleidekabine steht und sich im Spiegel beobachtet. Neben Witz und Wortspiel bauen die Slammer immer wieder kritische Botschaften ein. Da Vina fragt die Verkäuferin, wie ihr das Oberteil steht, und fühlt sich dabei wie eine AfD-Wählerin: „Ich lasse keine andere Meinung zu und treffe am Ende eine dumme Entscheidung.“

Wortschmied war schon Vize-Weltmeister

Yannick Steinkellner konzentriert sich bei seinem Auftritt auf die Poesie. Was für eine Textform er vorträgt, ist nicht ganz klar – am ehesten ist es aber ein Gedicht. Er verbindet alle Sätze miteinander, nutzt das letzte Wort eines Satzes wieder als erstes Wort des nächsten: „Ich habe kein Geld für Bier/ -geruch liegt in der Luft.“ Am Ende bleibt ihm „nur so ein Ge- / danke-schön.“

Seit drei Jahren gibt’s im Ebertbad das „Best of Poetry Slam“ in Kooperation mit Wort-Laut-Ruhr. Sebastian 23, bürgerlich Sebastian Rabsahl, der als Wortschmied schon Vize-Weltmeister war, führt durchs Programm. Sein neuestes Buch heißt übrigens „Hinfallen ist wie Anlehnen – nur später“.

Im Ebertbad darf als Letzter Yusuf Rieger ans Mikrofon. Er spricht über Integration, die Dichtkunst und die deutsche Sprache – die immer mehr ihren Zauber verliere. „Wenn kleine Mädchen Bilder posten, dann ist das Facebook-Poesie.“ Dabei will er es allerdings nicht belassen. „Ihr seid Euer Dichter, also los! Dichtet!“