Oberhausen. . Die Kurzfilmtage zeigen im internationalen Wettbewerb auch „Tropikos“ von John Akomfrah. Der 59-Jährige gilt als Poet unter den Dokumentaristen.
- Die Kurzfilmtage haben die ersten Filme für den internationalen Wettbewerb benannt
- Ein Coup ist die Teilnahme des in Großbritannien hoch geschätzten John Akomfrah
- Der 59-Jährige aus Ghana ist aktuell Träger des wichtigsten britischen Kunstpreises
Die Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen haben die ersten Filme für ihren Internationalen Wettbewerb 2017 ausgewählt – und mit John Akomfrahs aktuellem Werk „Tropikos“ einen Coup gelandet.
Denn die poetischen Film-Erzählungen des 59-jährigen Briten, geboren im westafrikanischen Ghana, sind sonst in Museen und großen Galerien zu bewundern – und 2015 während der Kunst-Biennale in Venedig. Im Januar erhielt John Akomfrah in Wales den Preis „Artes Mundi“, neben dem „Turner“ der bedeutendste britische Kunstpreis. Beide sind mit 40 000 Pfund dotiert.
John Akomfrah ist ein Meister der Collage aus Archiv- und Nachrichtenmaterial, Fotos und selbst gedrehten Szenen. Seinen Ruf begründete bereits der 29-Jährige mit „Handsworth Songs“, einer Reflexion über die 1985er Rassenunruhen in Birmingham und London. Als das Werk 2011 – nach erneuten Unruhen in der britischen Hauptstadt – in der Tate Modern gezeigt wurde, folgten Hunderte einer dreistündigen Diskussion über die „Handsworth Songs“.
Seinen großen Themen Rasse, Identität und Kolonialismus folgt John Akomfrahs bis in feinste Verästelungen. So erzählt „Auto Da Fé“ von 2016 die kaum bekannte historische Episode von der Flucht sephardischer Juden auf die Karibikinsel Barbados, als 1654 die Inquisition selbst Brasilien erreichte.
Auch Akomfrahs Festival-Premiere für Oberhausen führt zurück ins 17. Jahrhundert. „Tropikos“ zeigt in 36 Minuten das heute so idyllische Tal des Flusses Tamar am Rande von Cornwall in seiner Historie als Hafen des Sklavenhandels.
Weitere Kandidaten aus Kunstszene
„Mein Ziel ist nicht, Kino zu machen“, so zitierte das Kunstmagazin Art vor einem Jahr John Akomfrah. „Jeder Zuschauer soll die Möglichkeit haben, sich allein in den Bildern zu verlieren.“
Bereits für Oberhausen ausgewählt ist außerdem der Künstler und Filmemacher Josef Dabernig, zuletzt 2016 mit einem Profil-Programm bei den Kurzfilmtagen zu sehen. Der Österreicher zeigt seine neue Arbeit „Stabat Mater“, eine Meditation über Sprachlosigkeit und Architektur.
Ausgewählt wurde Wojciech Bąkowskis „Analysis of Emotions and Exasperations, Part 2“. Bąkowski gewann 2015 den Großen Preis der Stadt Oberhausen für „Sound of my Soul“.
Aus der Kunstszene kommen wie Akomfrah die Britin Susannah Gent mit „Unhomely Street“ und das rumänische Künstlerpaar Mona Vatamanu und Florin Tudor mit ihrer gemeinsamen Arbeit „Gagarin’s Tree“. Susannah Gent arbeitet mit den Medien Experimentalfilm und künstlerische Taxidermie.
Raumfahrt und sozialistische Utopie
Vatamanu und Tudor führen ein Interview mit dem Philosophen Ovidiu Tichindeleanu über Raumfahrt, Fantasie und Propaganda in der sozialistischen Utopie und der post-kommunistischen Ära. Alle erwählten Filme sind Premieren. Die weiteren Wettbewerber werden am 12. April bekanntgegeben.