oberhausen. . 2016 konnten fast 26 700 Menschen ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen. Mehr als jeder siebte Oberhausener ist überschuldet.

  • 26 693 Bürger konnten im vergangenen Jahr ihre Rechnungen nicht bezahlen
  • Das waren laut der Auskunftei Creditreform über 700 mehr als im Jahr zuvor
  • Die Verteilung im Oberhausener Stadtgebiet ist sehr unterschiedlich

Es ist ein erschreckender Trend, den der Schuldneratlas der Wirtschaftsauskunftei Creditreform aufzeigt: Immer mehr Oberhausener können ihre Rechnungen nicht bezahlen. 26 693 waren es im vergangenen Jahr, 25 979 in 2015 und 24 795 in 2014. Das bedeutet: 15,09 Prozent aller Oberhausener sind derzeit überschuldet, ihre Einnahmen reichen nicht aus, um ihre monatlichen Ausgaben zu leisten. 2015 waren es 14,7 Prozent, 2014 knapp 14 Prozent. Zum Vergleich: Deutschlandweit beträgt die Quote 10 Prozent, im Ruhrgebiet 14.

Zu den Ursachen, so Karl Hörnschemeyer von der Schuldnerberatung der Diakonie, zählen nicht nur Arbeitslosigkeit, langfristig prekäre Arbeitsverhältnisse, Krankheit oder Scheidung. „Die Formen der Beratung bei Krediten, Hauskäufen, Möbeln, Autos und so weiter wurden und werden immer ausgefeilter und verführerischer.“ Dazu kommen neue Möglichkeiten der Internetbestellungen und immer perfektere Marketingstrategien. Die Verantwortung liege bei den Anbietern, aber auch bei Kunden, die eine Ware unbedingt haben möchten.

833 Beratungen hat Hörnschemeyer im vergangenen Jahr geleistet, 50 weniger als 2015. Den Rückgang erklärt er sich aus den guten Wirtschaftsdaten und daraus, dass „der eigene Glaube, es selbst zu schaffen, dazu führt, dass man nicht nach Beratung und Unterstützung nachfragt.“

Der Blick auf die Oberhausener Postleitzahlbezirke zeigt – wie auch in den vergangenen Jahren – ein deutliches Nord-Süd-Gefälle. Während beispielsweise in Schmachtendorf und Holten nur jeder 13. Bürger überschuldet ist (7,85 Prozent), ist es in Alt-Oberhausen-Mitte mehr als jeder fünfte (22,4 Prozent): eine Differenz von 14,5 Prozentpunkten.

Hoher Anstieg in Teilen Osterfelds

Wie auch schon im letzten Schuldneratlas verzeichnet, gab es den deutlichsten Anstieg im Postleitzahlbezirk 46117, zu dem unter anderem Borbeck, Eisenheim und Teile von Osterfeld gehören: plus 0,62 auf 17,8 Prozent. Einen Rückgang gab es allerdings auch: in Klosterhardt (46119) um minus 0,02 auf 12,54 Prozent.

Bemerkenswert ist, dass der Negativtrend seit einigen Jahren anhält, obwohl die Wirtschaftslage stabil ist, die Zahl der Arbeitslosen von 12,3 Prozent (2013) auf 11,1 Prozent (2016) gesunken ist und die der versicherungspflichtig Beschäftigten leicht steigt. Arbeitslosigkeit bleibe, so heißt es im Schuldneratlas, zwar der Hauptauslöser für Überschuldung, jedoch steige der Anteil der prekären Beschäftigungsverhältnisse immer weiter an. „Die hieraus resultierenden Einkünfte sind in der Regel aber nicht geeignet, um sich aus einer gravierenden Überschuldungssituation zu befreien.“

Steigende Altersarmut

Weiter zugenommen habe auch das Phänomen der Altersüberschuldung. Und es sei davon auszugehen, dass dieser Trend weiter anhält. Auch steigende Renten konnten nicht verhindern, dass immer mehr ältere Menschen auf Grundsicherung angewiesen sind oder unter die Armutsschwelle geraten.

Der Schuldneratlas für Oberhausen nach Postleitzahlen
Der Schuldneratlas für Oberhausen nach Postleitzahlen © Denise Ohms

Wie aber sollte man der Negativ-Entwicklung begegnen? Als ersten Punkt nennen die Ersteller des Atlasses den Abbau der Arbeitslosigkeit. Zudem empfehlen sie höhere und gezieltere Investitionen in Bildung, um die Finanzkompetenz zu fördern, eine Informationsoffensive zum Thema Überschuldung, die Förderung einer verantwortungsbewussten Kreditvergabe und den Ausbau der Schuldner- und Insolvenzberatung.

Zu einer finanziellen Unterstützung von Beratungsstellen seitens der Geldinstitute sind in NRW nur die Sparkassen verpflichtet. Sie haben bereits 1998 einen Fonds gegründet. Im Gebiet der Stadtsparkasse Oberhausen wurden 2016 zwei Schuldnerberatungsstellen mit einem Betrag von 35 539 Euro unterstützt. „Die institutionelle Schuldnerberatung ist ein fester und wichtiger Bestandteil des Sozialwesens, indem sie Menschen in finanzieller Notlage Beratung und Lebenshilfe anbietet“, erklärt Oberhausens Sparkassenchef Bernhard Uppenkamp. „Die Sparkassen übernehmen mit der Fondslösung als einzige Gruppe im Kreditgewerbe eine besondere Verantwortung und stellen damit eine wichtige finanzielle Basis für die Arbeit der Beratungsstellen dar.“

Wohlfahrtsverbände und Schuldnerberatungen verlangen seit Jahren, dass sich auch die Banken endlich beteiligen müssen.

>>>>>>> UNTERSCHIEDLICHE BERATUNGSANGEBOTE

Die Schuldnerberatung des Diakonischen Werks, Langemarkstraße 19-21, ist unter 0208-807 020 erreichbar, www.ev-kirche-ob.de (Beratung anklicken). Die Beratungsstelle der Caritas, Bahnhofstraße 62, hat die Rufnummer 0208-9404-321, -322, info@caritas-oberhausen.de.

Der Caritasverband bietet auch eine anonyme Online-Beratung an. Dafür muss man auf der Internetseite www.beratung-caritas-essen.de einen Benutzernamen und ein Passwort eingeben. Zudem muss eine Postleitzahl angegeben werden, um die Anfrage an die Beratungsstelle weiterzuleiten, die zuständig ist. Der Abstand und die Häufigkeit der Nachrichten-Kontakte können selbst gewählt werden.