Oberhausen. . Der Rücktritt von Hartmut Schmidt als Geschäftsführer der Oberhausener Stadthalle hat nicht alle Verantwortlichen in der Stadt überrascht.
- Schmidt ist für die meisten erstaunlich plötzlich vom Chefposten der Stadthalle zurückgetreten
- Die hartnäckige Diskussion um die Vermietung der Halle an die AfD zerrt an seinen Nerven
- CDU hält den Rücktritt für konsequent, SPD glaubt: Da ist etwas gewaltig schief gegangen.
Drei Tage nach dem Landesparteitag der AfD in der Oberhausener Stadthalle ist der zuständige Geschäftsführer der städtischen Einrichtung, Hartmut Schmidt, von seinem Amt mit sofortiger Wirkung zurückgetreten.
Der wochenlange Streit um die Vermietung der Luise-Albertz-Halle an die rechte Partei AfD hat Schmidt nach eigenem Bekunden hart zugesetzt. Schmidt schreibt in seinem Rücktrittsbrief: „Die Beschimpfungen spotten jeder Beschreibung. Dieses kann und werde ich meiner Familie und mir nicht weiter zumuten.“
Von links habe es Shitstorms gegeben, von rechts lobende Worte, die Schmidt nach eigener Aussage nicht hören wolle. Der Rücktritt falle ihm nicht leicht, sei aber notwendig. „Letztendlich muss jemand die Verantwortung übernehmen“, sagt er.
Am Mittwochmorgen hat es ein Vier-Augen-Gespräch zwischen Schmidt (SPD) und Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) über die Vorfälle rund um die Vermietung der Luise-Albertz-Halle (LAH) gegeben. Dieses Gespräch hatte Schranz vor einer Woche angekündigt, als sich herausstellte, dass die ursprüngliche zeitliche und inhaltliche Darstellung des Vermietungsvorgangs an die AfD von Schmidt durch Falschinformationen seines Hallenteams nicht korrekt war. „Darunter hat letztendlich die Glaubwürdigkeit der Außendarstellung der LAH gelitten. Das bedauere ich sehr“, schreibt Schmidt jetzt.
Keinen Rücktritt gefordert
Nach Informationen dieser Zeitung soll Schranz während des Gesprächs mit Schmidt nicht den Rücktritt des Hallengeschäftsführers gefordert haben. Um 14.44 Uhr sandte dann Schmidt für viele überraschend sein Rücktrittsschreiben per Mail an die zuständigen verantwortlichen Stellen.
Politiker aller Parteien im Rat hatten sich darüber beklagt, dass sie von der Vermietung der Stadthalle an die AfD zu spät informiert worden waren – zehn Tage nach der ersten Anfrage der Partei. Gegen die Stimmen der FDP verbot der Hauptausschuss des Rates dem Hallenchef, die Halle an die AfD zu vermieten – dies wurde vor dem Landgericht Duisburg allerdings kassiert.
Schmidt beteuert in seinem Rücktrittsschreiben, dass er bei seiner Rechtsauffassung bleibt. „Das Hallenteam der LAH hat sich bei der Vermietung an die AfD an Recht und Gesetz gehalten. Eine öffentlich geführte Halle kann keine Gewissensprüfung bei Parteien vornehmen.“
Schmidt ist hauptberuflich Geschäftsführer der 100-Prozent-Stadttochter OGM und verdient dabei 200 000 Euro im Jahr. Für seine Arbeit als Chef der Stadthalle erhielt er keinen Cent extra. „Ich habe es neben- und ehrenamtlich gemacht und aus voller Überzeugung“, sagt er. Im vergangenen Jahr ist er von Oberbürgermeister Schranz gebeten worden, die Stadthalle bis zur Neustrukturierung weiter zu führen.
Diese Zusage bereut Schmidt auch im Nachhinein nicht. „Ich habe die Luise-Albertz-Halle in den letzten viereinhalb Jahren viermal vor der Insolvenz gerettet“, sagt er. „Die Stadthalle besteht seit 55 Jahren, trägt den Namen einer großen Oberhausener Politikerin – für einen Sozialdemokraten ist es selbstverständlich, dass man hilft.“ Auswirkungen auf seine Arbeit als OGM-Chef hat der Rücktritt als LAH-Geschäftsführer zunächst einmal nicht.
OB kritisiert Art und Weise des Rücktritts
Den Rücktritt Hartmut Schmidts als Hallen-Chef hält Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) zwar für „nachvollziehbar“, kritisiert aber die Art und Weise des plötzlichen Abschieds durch Schmidt.
„Angesichts der nicht vollständigen Darstellung der Abläufe zu den Ereignissen der vergangenen Tage hatte ich am Dienstag bereits einen ausführlichen schriftlichen Bericht angefordert. Eine Information über den bevorstehenden Schritt von Hartmut Schmidt wäre in dem unmittelbar vorhergegangenen Gespräch am Mittwoch sicher angemessen gewesen“, formuliert Schranz schriftlich – und nicht nur zwischen den Zeilen spürt man den Ärger. Denn schon wenige Stunden nach dem Vier-Augen-Gespräch mit dem Stadtoberhaupt legt Schmidt in einer von der CDU beantragten Sondersitzung des Hallen-Aufsichtsrates seine Rücktrittserklärung auf den Tisch.
Nachfolge ist noch unklar
Wer die Stadthalle nun leiten wird, ist derzeit unklar. „Jetzt müssen wir uns neben der Diskussion über die Zukunft der Luise-Albertz-Halle auch noch bei der Leitung kurzfristig neu orientieren“, so Schranz. Die Anmietung der Stadthalle durch die AfD diskutiert der Hauptausschuss noch einmal am Montag um 15 Uhr.
CDU-Fraktionschefin Simone-Tatjana Stehr hält den Rücktritt für „konsequent und längst überfällig“. Die Oppositionsführerin glaubt, dass „durch die zweimalige Korrektur der Darstellung über die Anmietung der Stadthalle durch die AfD viel Vertrauen verloren gegangen ist“. Das habe auch Auswirkungen auf den Hauptjob von Hartmut Schmidt als Geschäftsführer der OGM. „Das kann man doch nicht voneinander trennen.“
„Da ist etwas gewaltig schief gelaufen“
SPD-Fraktionsvorsitzender Wolfgang Große Brömer überraschte der Rücktritt von Schmidt nicht. „Im Grunde war das zu erwarten: Schon in der Hauptausschusssitzung vor anderthalb Wochen war zu sehen, dass ihm die ganze Debatte auf die Nerven schlug.“ Man könne angesichts der zunächst falschen Darstellung der Hallenanmietung durch die AfD aber klar sagen: „Da ist etwas gewaltig schief gelaufen.“ Schmidt habe die Funktion als Geschäftsführer der Halle ja ehrenamtlich ohne Extraverdienst übernommen, weil sich die Halle einen Geschäftsführer angesichts ihrer wirtschaftlichen Lage gar nicht leisten kann.
FDP-Ratsgruppenchef Hans-Otto Runkler spricht deshalb von einer noch schwierigeren Situation für die Stadthalle, nachdem Schmidt hingeworfen hat. „Die Perspektiven sind jetzt nicht erfreulich. Schmidt hat die Halle ja nicht wirtschaftlich belastet, weil er kein Geld für seine Tätigkeit erhielt.“ Man müsse seine von ihm angegebenen Gründe für den Rücktritt aber respektieren. „Schmidt hat die Konsequenz aus den Fehlern der zeitlichen Darstellung des Mietvorgangs gezogen – und sich vor sein Team gestellt.“