OBerhausen. . Vertriebler von Unitymedia und Eon verkaufen Flüchtlingen doppelte Verträge. Kulanz ist nach Intervention eines ehrenamtlichen Helfers erfolgt

  • In zwei Fällen wurden mit Flüchtlingen an der Haustüre Verträge abgeschlossen
  • Vertriebler von Firmen handeln trotz der Sprachbarriere ohne Dolmetscher
  • Unitymedia und Eon bieten nach Beschwerde und Anfrage Kulanz an

Ali Maher Onallah ist verärgert. Der ehrenamtliche Flüchtlingshelfer, der selbst arabischer Herkunft ist, kümmert sich um die neuen Mitbürger und ihre Probleme. Seit einiger Zeit häufen sich Verträge, die zwischen Tür und Angel abgeschlossen werden – ohne, dass die Geflüchteten über eine echte Sachkenntnis verfügen oder dass ein Dolmetscher bei der Übersetzung helfen kann. Ein Unding, wie er findet. In zwei Fällen – es ging um einen Telefontarif mit Unitymedia und um einen Stromabschluss mit Eon – hat er sich an diese Redaktion gewandt.

Einzige Verbindung ins Heimatland

Der erste Fall ist aus August 2016. Es habe an der Haustür von Arif Al Hussein* in Klosterhardt geklingelt. Ein Mitarbeiter von Unitymedia habe vor der Tür gestanden und Al Hussein erklärt, dass sein Telefonanschluss von der Firma „1&1“ bald nicht mehr funktionieren würde, da Unitymedia diese aufgekauft hätte: „Eine glatte Lüge“, meint Onallah. „Geflüchtete reagieren bei sowas besorgt, da ihr Telefon meist die einzige Verbindung in ihr Heimatland bedeutet“, erklärt der 71-Jährige. „Sie halten die Deutschen für zuverlässig und korrekt.“ Arif Al Hussein unterschreibt den neuen Vertrag, der sogenannte Vertriebsagent (Unitymedia) erhält seine Provision.

Olaf Winter, Pressesprecher von Unitymedia, erklärt auf Anfrage, dass „Unitymedia großen Wert auf eine verständliche Beratung“ lege. „Abweichungen dulden wir in keiner Weise“. Vom Vertriebsagenten, der nicht mehr für Unitymedia arbeite, war keine Stellungnahme zu erhalten. Die Firma selbst behält sich juristische Schritte gegen ihren ehemaligen Mitarbeiter vor. Als Entschädigung bietet sie Al Hussein eine Rückabwicklung des Vertrages an.

„Kein Widerruf erfolgt“

Kamila Hemidi* habe im Dezember 2015 an der Haustür in Sterkrade von einem Vertriebler des Stromanbieters Eon Besuch erhalten. Trotz eines erst gut drei Wochen vorher abgeschlossenen Vertrages mit der Energieversorgung Oberhausen (EVO) habe der Vertriebler die Dame von einem Wechsel überzeugt – ohne Dolmetscher. „Ich gehe immer zur EVO, da dort seriös gearbeitet wird“, sagt Ali Onallah, „die EVO ist ein traditionsreiches Unternehmen“. Dennoch schloss Frau Hemidi den Vertrag mit Eon ab. „Die Flüchtlinge sind in solchen Situationen oft unbeholfen“, fügt Onallah hinzu.

Stefan Moriße, Pressesprecher bei Eon, sieht in einer Stellungnahme keinen Fehler bei der Beratung, da ein Wechselauftrag unterschrieben worden sei und trotz Nachfrage von Frau Hemidi kein Widerruf erfolgt sei. Nachdem den Abbuchungen widersprochen worden sei, sei der Vertrag im August aus Kulanz gekündigt worden. Die angefallenen Strom- und Inkassokosten belaufen sich auf ca. 800 Euro, die in Raten abbezahlt werden.

Angelika Wösthoff, Leiterin der Beratungsstelle der Verbraucherzentrale in Oberhausen, bemerkt die Zunahme von Vertragsabschlüssen mit Flüchtlingen: „Sie scheinen die neue Zielgruppe zu werden. Diese Absichten sind völlig verwerflich, da die Menschen das meiste ohne Dolmetscher nicht verstehen.“ Ist der Vertrag unterschrieben, sollen sich die Flüchtlingshelfer an die Beratungsstelle wenden. In vielen Fällen bieten die Unternehmen nach einer Prüfung Kulanz an.

Ali Onallah hält die Vorgehensweise der Unternehmen dennoch für falsch. „Verträge, die mit Menschen abgeschlossen werden, die kein Deutsch sprechen, sind für mich nichtig“. Er wird weiterhin bei Problemfällen helfen.

Zweiwöchige Widerrufsfrist

14 Tage gilt die gesetzliche Widerrufsfrist für Verträge die beispielsweise an der Haustür, am Telefon oder im Internet abgeschlossen wurden – nicht aber in Shops oder Geschäften.

Verbraucherschützerin Wösthoff hat die Erfahrung gemacht: „Diese Besonderheit betrifft viele Oberhausener Bürger, die dann mit Fragen zu uns kommen.“

Infos unter 911 086 01.