OBERHAUSEN. . Bis heute hat es 74 Einsätze gegeben, über 3000 Kindern wurde geholfen, nicht zuletzt auch dank vieler Krankenhäuser in Oberhausen.

  • Das Friedensdorf holt seit 1987 verletzte und kranke Kinder nach Deutschland
  • Über 3000 kleinen Patienten konnte so in deutschen Krankenhäusern bislang geholfen werden
  • Sie waren bei Explosionen oder Unfällen verletzt worden oder leiden an Knochenentzündungen

Diesen Transportflug wird Thomas Jacobs niemals vergessen. In Hubschraubern der Heeresflieger saßen afghanische Kinder, die am Abend in Frankfurt/Main gelandet waren und nun nach Düsseldorf flogen, von wo sie zu verschiedenen Krankenhäuser gebracht wurden. „Es war Heiligabend 1988 und wir schauten aus dem Hubschrauber von oben auf den Kölner Dom. Das war ein ganz bewegender Moment“, erinnert sich der Geschäftsführer des Friedensdorfs International (FI).

Ein Jahr zuvor hatte die Hilfsorganisation zum ersten Mal drei kranke Kinder aus Afghanistan geholt, um sie in Deutschland medizinisch versorgen zu lassen. Bis heute hat es 74 Einsätze gegeben, über 3000 Kindern wurde geholfen, nicht zuletzt auch dank vieler Krankenhäuser in Oberhausen.

Hilfe ist weiter notwendig. Es kommen Kinder, die bei Autounfällen, durch Explosionen oder offene Feuerstellen verletzt wurden, an Knochenentzündungen oder Mangelernährung leiden. „Sie kommen aus allerärmsten Verhältnissen, die Eltern können sich keine medizinische Versorgung leisten“, sagt Jacobs. Ihr Allgemeinzustand sei in aller Regel schlecht, die hygienischen Bedingungen zum Teil katastrophal. Bakterien gelangen ins Blut, schädigen die Knochen, das Leben der Kinder ist akut gefährdet. Das Friedensdorf kann helfen, weil es nicht parteiisch und nicht konfessionell gebunden ist. Sogar während der Taliban-Herrschaft flog man Hilfseinsätze. „In der Zeit gab es einen UN-Boykott. Wir mussten Sondergenehmigungen beantragen, um überhaupt nach Kabul fliegen zu können.“

Erster Kontakt in Bad Godesberg

Zum Engagement in Afghanistan kam es, weil es 1987 eine Anfrage der Internationalen Organisation für Migration (IOM) gab. „Wir sind nach Bad Godesberg gefahren und haben Gespräche mit Vertretern der IOM geführt. Wenige Wochen später kamen die ersten drei kleinen afghanischen Patienten nach Deutschland.“ Die finanzielle Lage des Friedensdorfs sei damals sehr angespannt gewesen, erinnert sich Jacobs. „Wir mussten jeden Pfennig umdrehen.“ Die drei Kinder wurden im Duisburger Bethesda-Krankenhaus versorgt. „Das hatte damals einen sehr großzügigen Spender, der hat alles finanziert.“ Ein afghanischer Oberarzt, der in dem Krankenhaus arbeitete, hat die jungen Patienten operiert und auch die soziale Begleitung der Kinder im Krankenhaus organisiert. „Er verdeutlichte uns, dass es einen sehr großen Hilfebedarf in Afghanistan gibt.“

Bei einer internationalen Konferenz nahm man Kontakt zur Hilfsorganisation Roter Halbmond auf. „Das Gespräch dauerte eine dreiviertel Stunde, dann schlossen wir per Handschlag eine Vereinbarung, deren Prinzipien quasi bis heute gültig sind.“ Da es noch keine Internetverbindung gab, wurden Dinge wie die Liste mit den Namen der Kinder noch per Telex hin und her geschickt. Die Logistik vor Ort in Kabul baute unter anderem der 2009 verstorbene Friedensdorf-Geschäftsführer Ronald Gegenfurtner auf.

„Mit Militär kann man Afghanistan nicht befrieden“

Zu vielen Patienten, die in Deutschland operiert wurden oder denen in ihrer Heimat geholfen werden konnte, bestehen auch nach Jahren noch enge Kontakte. „,Wir versorgen manche ihr Leben lang mit Medikamenten“, sagt Maria Tinnefeld von der Pressestelle des Friedensdorfs. „Einige sind mittlerweile über 40 Jahre alt.“ Sie selbst ist seit über zehn Jahren regelmäßig in dem von Krisen und Konflikten gebeutelten Land.

Über die Zukunft des Landes macht sich Jacobs keine Illusionen: „Mit Militär kann man Afghanistan nicht befrieden. Uns fehlen die tieferen Einblicke in die Probleme des Landes. Man muss die Menschen dort stärken.“ Die Kinder, die in der Regel ein halbes Jahr in Deutschland bleiben, nähmen eine besondere Erfahrung mit: den friedlichen Umgang miteinander.

Der nächste Hilfsflug nach Afghanistan ist im Februar.