Zwar sprudeln die Steuerquellen so stark wie selten zuvor, doch das rettet OB nicht vor dem finanziellen Kollaps. Grund genug für die Sozialdemokraten, auf ihrem Unterbezirksparteitag erstmals einen spürbaren Sparkurs anzukündigen.
„Wir müssen handeln”, gab Parteichef Wolfgang Große Brömer die Richtung vor. Andernfalls müsse man damit rechnen, dass die Kommunalaufsicht den berüchtigten Sparkommissar schicke. Und dann sei es vorbei mit den Handlungsspielräumen für die kommunale Selbstverwaltung. Auslöser für die neue Haltung der Genossen, die bislang einschneidende Maßnahmen scheuten, war der 400-seitige Prüfbericht der Krefelder Beratungsgesellschjaft BPG - eine Tränenliste, in der unter anderem der Verzicht auf das Aquabad, Eintrittsgeld für den Kaisergarten, weniger Schulhausmeister und reduzierte Pflegestandards beim Grün sowie eine Teilprivatisierung der OGM gefordert werden (WAZ v. 4. Oktober). Eines stellte Große Brömer jedoch klar: „Die Stadt darf nicht kaputtgespart werden. Oberhausen muss lebens- und liebenswert bleiben, der Strukturwandel weiter gehen”. Schließlich sei die Stadt unverschuldet in das finanzielle Desaster geraten. Gewerbesteuer-Einnahmen von 80 bis 85 Mio Euro reichten nun einmal nicht aus, um die Ausgaben im Jugend- und Sozialbereich zu decken. Und der Finanzausgleich sei ebenso ungerecht wie die Tatsache, dass OB immer noch in den Solidarfonds Ost einzahlen müsse. Mit einer breit angelegten Info-Kampagne wollen die Sozialdemokraten jetzt den Oberhausenern die Situation - und wie es dazu kam - erklären und mit ihnen Sparvorschläge erarbeiten. Große Brömer: „Wir wollen dem Volk aufs Maul schauen”. Natürlich ließe sich der Haushalt mit seinem strukturellen Defizit von aktuell 140 Mio Euro und 1,2 Mrd Euro Altschulden nicht sanieren. Doch es sei wichtig, ein Signal an die Kommunalaufsicht zu senden, dass man es zumindest versucht habe. Guntram Schneider, DGB-Chef von NRW, war verhindert. Für ihn hielt sein Abteilungsleiter für Wirtschafts- und Strukturpolitik, Stefan Pfeifer, ein Referat über die Wirtschafts- und Sozialpolitik der Zukunft. „Fast 80 Prozent der Menschen sagen, dass der Aufschwung an ihnen vorbeigeht”, konstatierte Pfeifer und machte daran die Forderung nach einem gesetzlich verankerten Mindestlohn von 7,50 Euro pro Stunde und nach einer Begrenzung der Leiharbeit fest. Die Rente mit 67 sei eine „sozialpolitische Fehlentscheidung”. Und vom Kindergarten bis zur Hochschule müssten die Gebühren entfallen, um der Bildungsmisere entgegenzuwirken. Strikt wandte er sich auch gegen die von der Landesregierung propagierte Einschränkung der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen: Die öffentli Daseinsvorsorge dürfe nicht dazu missbraucht werden, Unternehmen neue Märkte zu erschließen.