Zwei Jahre dauern die Bauarbeiten an der Hauptachse von Sterkrade. Rund um die Großbaustelle Holtener Straße gibt es Kritik, aber auch Lob von den Anwohnern.

Sie liegt im hohen Norden und gehört zu den meist befahrenen Straßen der Stadt: Rund 23 000 Fahrzeuge (fast fünf Prozent Schwerverkehr) passierten die Holtener Straße täglich. Doch seit Anfang September setzt eine Großbaustelle die Hauptschlagader unter Vollnarkose – und das für ganze zwei Jahre.

Günter Bachem, Anwohner der Sprockstraße, einer kleinen Nebenstraße der Holtener, nimmt es gelassen. „Wir sind sogar dankbar, dass hier endlich was passiert. Alles ist besser, als der alte Zustand”, sagt der 72-Jährige. Denn der bedeutete für die Anwohner vor allem: „Ununterbrochen Lärm und Gestank”. Weiträumige Umwege und Baukrach nehme er dafür gerne in Kauf.

Natalie Mertin freut sich sogar über die Großbaustelle. „Trotz Bagger und Schlagbohrer ist es jetzt immer noch wesentlich ruhiger, als es vorher mit dem Straßenlärm war”, meint die Mitarbeiterin von „schön.sein Kosmetik”.

„Sie ist ja auch nicht die Inhaberin”, wirft Anke Rettkowski, Nachbarin und Eigentümerin des Änderungsateliers „die.sein”, sofort ein. Zwar werde die Situation für die Geschäftsleute in zwei Jahren durch die ausgebaute Holtener Straße samt eingeplanten Parkplätzen deutlich günstiger sein. „Aber das müssen wir erst einmal erleben.” Laufkundschaft gebe es durch die Baustelle jedenfalls so gut wie keine mehr.

„Dieses Großprojekt erfordert von allen Anliegern viel Geduld und Verständnis”, weiß Bernhard Klockhaus, stellv. Bereichsleiter Tiefbau. „Aber letztlich machen wir das hier, um die Situation für alle zu verbessern.” Ziel sei vor allem ein reibungsloserer Verkehrsfluss durch separate Abbiegerspuren. „Außerdem sind neue Fuß- und Radwege geplant”, so Klockhaus weiter.

Zwar gebe es für Umsatzeinbußen bei der Stadt keinen Extratopf. „Aber wir prüfen jeden Einzelfall und sind bereit, gegebenenfalls zu entschädigen”, versichert Klockhaus.

„Bevor wir mit dem Straßenbau beginnen, werden erst einmal die Ver- und Entsorgungsleitungen erneuert”, erläutert der Experte den Bauplan. Zurzeit würden Gas-, Strom- und Fernwärme-Leitungen verlegt. „In zirka vier Wochen sind die Stauraumkanäle dran”, sagt Klockhaus. „Wir hatten in der Vergangenheit an dieser Stelle Probleme bei Starkregenfällen”, so der Fachmann. Die vorhandenen Kanäle hätten dafür nicht ausgereicht. Folge: „Eine Straßenüberflutung nach der anderen.” Das soll sich mit den neuen Rohren ändern. Februar 2010 ist für den Kanalbau das Ende in Sicht. „Dann können wir an Eichelkamp- und Bahnhofstraße mit dem Straßenbau beginnen.” Pünktlich zur Fronleichnamskirmes 2011 soll die Holtener in ihrem neuen Gewand erstrahlen.

Der Haken für die Anlieger: „Dann werden auch die Anliegerbeiträge erhoben”, sagt Klockhaus. Die genaue Höhe stehe aber noch nicht fest. Erste Schätzungen seien bei der Bauverwaltung zu bekommen.

Die Gesamtkosten für den Straßenbau beliefen sich auf 3,6 Mio Euro, für den Kanalbau auf 900 000 Euro. Ein Förderantrag über 1,9 Mio Euro von Land und Bund sei eingereicht. „Unser besonderer Dank gilt dem Verkehrsdezernat der Bezirksregierung, das uns bei der Realisierung dieses Projektes sehr unterstützt hat”, betont Klockhaus.

Die nächste Bushaltestelle ist 700 Meter entfernt

Anwohnerin Franziska Bock (83) beschwert sich über die Verkehrsführung der STOAG. Foto: © Tom Thöne / WAZ FotoPool
Anwohnerin Franziska Bock (83) beschwert sich über die Verkehrsführung der STOAG. Foto: © Tom Thöne / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool

Franziska Bock ist wütend, nicht wegen der Großbaustelle Holtener Straße, sondern wegen der damit verbundenen Umstände. Die 83-Jährige erzählt: „Früher hielt die Linie 954 direkt an der Brüderstraße und ich musste nur knapp 100 Meter laufen.” Jetzt aber befände sich die nächste Bushaltestelle erst an der Dorstener Straße in Höhe der Bernarduskirche und sei damit fast 700 Meter entfernt.

Für die alte Dame, aber auch für viele andere ältere Anlieger der Holtener Straße, eine Katastrophe. „Jedes Paket Butter müssen wir nun soweit schleppen, das kann ich doch gar nicht mehr”, klagt Franziska Bock. Die Seniorin fragt sich bereits heute: „Wie soll das denn erst im Winter werden?”

Sie habe bereits eine Beschwerde an die Stoag (Stadtwerke Oberhausen Aktiengesellschaft) geschickt, „aber gehört habe ich von denen noch gar nichts”.

Stoag-Sprecherin Sabine Müller bittet um Verständnis: „Wir haben mehrere Hinweise zu diesem Thema erhalten. Geantwortet haben wir den Betroffenen noch nicht, weil wir die Sachlage erst genau unter die Lupe nehmen wollen.” Natürlich liege der Stoag daran, dass ihre Kunden nicht zu weite Wege zu den Haltestellen zurücklegen müssen. „Deshalb prüfen wir, ob wir den Verlauf der Linie 954 zumindest vorübergehend wieder an die Brüderstraße annähern können.” Das hänge aber entscheidend vom Baustellenverlauf ab.

„Die Ausweichstraßen dort sind sehr eng, es wird auf beiden Seiten geparkt. Da müssten wir Parkverbotsschilder aufstellen, damit zwei sich entgegenkommende Busse auch durchkommen.” Sabine Müller weiter: „Es finden auf der Holtener Straße ja mehrere Arbeiten gleichzeitig statt und die Baustellen werden zu unterschiedlichen Zeiten verändert.”

Ergebe sich auch nur ein Zeitfenster von einigen Wochen, würde die Stoag den Aufwand für eine Verlegung auf sich nehmen. „Was eben möglich ist, werden wir auch möglich machen”, versichert die Stoag-Sprecherin.