Friedensdorf bringt 120 Kinder aus Afghanistan, Zentralasien und dem Kaukasus zur Behandlung nach Deutschland. Eisiger Winter und Entlassungswelle in Kabul verschlechtern Lage der Bevölkerung weiter

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"Ich sehe langfristig keine gute Perspektive für die normale Zivilbevölkerung in Kabul." Das sagt Friedensdorf-Leiter Ronald Gegenfurtner, der am Mittwochabend mit einer Chartermaschine und 120 kleinen Patienten aus Afghanistan und dem Kaukasus in Deutschland eintraf. Drei Wochen lang hatte er diesen Einsatz zuvor in der afghanischen Hauptstadt vorbereitet. Viel Lob verteilt er an alle Partner.

Neu war eine Zwischenlandung in Berlin, da einige Kinder in Krankenhäusern behandelt werden, die von der Hauptstadt aus leichter zu erreichen sind, als von Düsseldorf. "Manche Kinder waren in einem üblen Zustand", sagt der Dorfleiter, der heute mit der selben Chartermaschine - über Armenien, Georgien, Usbekistan und Tadschikistan - nach Kabul fliegt, um etwa 100 Kinder nach erfolgreicher Behandlung zu ihren Familien zurückzubringen. Zudem werden 7,5 Tonnen Hilfsgüter vom Verband über Medikamente bis hin zu warmer Bekleidung und Decken mitgeschickt.

Die Lage in Kabul habe sich auch aufgrund des extremen Winters weiter verschlechtert. Der meterhohe Schnee, so Gegenfurtner, habe verhindert, dass manche Familien mit kranken oder verletzten Kindern aus entfernten Provinzen nach Kabul kommen konnten: "Ein Vater war mit seinem Sohn aus so einer Provinz zehn Tage lang unterwegs, meistens zu Fuß." Wer es dennoch schaffte, für den richtete der Rote Halbmond erstmals Übernachtungsmöglichkeiten ein. "Eine logistische Meisterleistung, denn es musste Wasser zum Waschen organisiert werden, es musste 'was zu essen geben." Inzwischen habe sich die Lage ein wenig entspannt, das Thermometer sei auf minus zwei Grad geklettert: "Das ist im Moment kurz vor hitzefrei."

Aber: Der Winter hat bereits mehr als 1000 Kältetote gefordert. Nachprüfbare Statistiken gibt es nicht, die Dunkelziffer in den Provinzen, die derzeit noch von der Außenwelt abgeschnitten sind, wird weit höher liegen, vermutet Gegenfurtner: "In Kabul gilt jetzt jemand als reich, der Socken hat." Die Durchschnittsbevölkerung stapft barfuß oder in Plastiksandalen durch den Schnee: "Ich könnte das nicht aushalten." Täglich landen bis zu 15 Patienten im Krankenhaus, berichtet Friedensdorf-Partner Dr. Maruf, bei denen aufgrund von Erfrierungen Amputationen vorgenommen werden müssen.

Zudem rollt derzeit eine Entlassungswelle durch Kabul, viele verlieren ihre Arbeit: "Da entsteht noch mehr sozialer Zündstoff", befürchtet der Dorfleiter, "aber diejenigen, die sich wehren müssten, haben keine Kraft mehr dazu." Er beobachte auch eine Rückbesinnung auf traditionalistischere Formen: "Man sieht mehr Frauen in der Burka, man hört kaum mehr Musik. Es scheint, als ob sich die Menschen auf eine strengere muslimische Herrschaft einstellen."