Ruhr 2010 setzt sich für Behindertenfreundlichkeit ein – der Beirat für Menschen mit Handicap macht dies schon lange.

Kulturhauptstadt für alle – das hat sich die Ruhr 2010 auf die Fahnen geschrieben und lässt derzeit Kulturstätten im Revier auf Barrierefreiheit überprüfen. Im Beirat für Menschen mit Behinderung ist das Thema noch nicht aktuell. Mit dem Vorsitzenden Hans-Jürgen Nagels sprach WAZ-Redakteurin Rusen Tayfur.

Was macht der Beirat für Menschen mit Behinderung?

Nagels: Er ist ein Organ des Stadtrates. In ihm sitzen politische Vertreter aller Fraktionen. Doch die Mehrzahl machen Vertreter von Organisationen aus, die in Oberhausen Behinderte vertreten. Der Beirat tagt vier bis sechs Mal im Jahr. Alle Ratsvorlagen, die mit den Belangen von Behinderten zu tun haben, müssen bei uns vorgestellt werden. Wir geben dann Empfehlungen an den Sozialausschuss.

Was hat der Beirat bisher erreichen können?

Zum Beispiel haben wir durchgesetzt, dass sich das Briefpapier der Stadt geändert hat. Auf der Rückseite von jedem städtischen Schreiben stehen jetzt Hinweise für Behinderte, wie Ansprechpartner oder zentrale Telefonnummern. Außerdem gibt es den Wegweiser für Behinderte jetzt auch im Internet unter www.oberhausen.de. Neuerdings gibt es auch eine Dienstanweisung für städtische Mitarbeiter, wie sie sich beim Kontakt mit behinderten Menschen zu verhalten haben. Damit auch die Dame an der Rezeption weiß, wie sie weiterhelfen kann.

Was ist noch nicht gelungen?

Wir würden gerne zusammen mit der Kassenärztlichen Vereinigung eine Bestenliste für Ärzte erstellen. Manchmal ist der Eingang zu eng, es gibt Stufen oder der Rollstuhl kann nicht wenden.

Ist Oberhausen eine behindertenfreundliche Stadt?

Die wesentlichen Punkte sind erfüllt. Die Bushaltestellen sind ausreichend behindertenfreundlich, die Querungshilfen sind häufig an der richtigen Stelle. Ich würde sagen, Oberhausen ist auf einem guten Weg, zu den behindertenfreundlicheren Städten zu gehören. Aber man muss die Barrieren in den Köpfen noch entfernen. Seitdem ich dem Behinderten-Beirat vorsitze, gehe ich schonmal auf die Behinderten-Toilette. Da ist manchmal alles ganz toll eingerichtet – aber der Papierautomat ist so hoch angebracht, dass kein Rollstuhlfahrer drankommt. Es geht um die kleinen Dinge. Oft sind wir Nicht-Behinderten diejenigen, die die Behinderten behindern. Jeder Mensch muss die Möglichkeit haben, am öffentlichen Leben teilzunehmen.

Dazu gehören ja auch Kulturveranstaltungen. Wie sieht es für 2010 aus?

Soweit ich weiß, kommt man gut ins Theater, ins Ebertbad durch einen Seiteneingang, in der Arena braucht man einen Lastenaufzug, der einen in den Innenraum bringt. Ich habe jedoch keinen Detaileinblick, denn es war nicht so, dass wir in den letzten Jahren viel über Kultur diskutiert hätten. Das kommt bestimmt im nächsten Jahr.

KOMMENTAR

Die Kulturhauptstadt hat eine Agentur beauftragt, Veranstaltungsstätten auf Barrierefreiheit zu untersuchen. Prima. Wer für Nachhaltigkeit stehen will, muss sich auch dieser Probleme annehmen. Dass es in Oberhausen offenbar gar nicht so viel zu tun gibt in dieser Hinsicht, ist ebenfalls erfreulich – obwohl die Ergebnisse der Studie freilich noch abzuwarten sind. Ein drittes Lob geht an die Stadt, deren Kulturdezernent gestern fast zeitgleich zur Kulturhauptstadt-Pressekonferenz einen Plan entworfen hat, der das Thema in den nächsten Monaten auf die Agenda bringt. Denn eines ist klar: Umso näher 2010 rückt, desto stärker werden nicht nur Licht-, sondern auch Schattenseiten unserer Metropole in den Fokus rücken. Besser, man ist vorbereitet.