... der Weihnachtskarpfen. Bei Marian Schliwka wird die Tradition gelebt. Seit 30 Jahren kauft der gebürtige Oberschlesier auf dem Forellenhof Kiefer das übliche Fastenmahl für Heiligabend
"Kein Karpfen - kein Weihnachten!" Für Marian Schliwka, den gebürtigen Oberschlesier, gehört der Fisch am Heiligen Abend einfach auf den Tisch. "Das ist Tradition. Das war schon bei den Großeltern und Eltern so", sagt der Baggerfahrer, reibt sich die eiskalten Hände und schaut in den Karpfenteich auf dem Forellenhof von Johannes Kiefer.
Rund 2000 Wild- und Schuppenkarpfen schwimmen in dem trüben Wasser, sind unter der Oberfläche kaum auszumachen. Anfang Dezember wurden die Prachtexemplare von im Durchschnitt drei bis vier Pfund angeliefert. Sie kamen aus Oberschlesien und Polen und verbringen die letzten Wochen ihres dreijährigen Daseins nun in Königshardt, nahe der Autobahn 2.
"Lebend muss er sein", sagt Schliwka und lässt keine Diskussion zu. "Das ist Tradition. Der Karpfen muss mindestens einen Tag in die Badewanne. Allein schon der Kinder wegen." Und dann? Wer schlachtet ihn und wie? Marian Schliwka zuckt die Schultern. Wieder keine Diskussion.
Fest steht aber: Der Karpfen steht Heiligabend fein zubereitet auf dem Tisch. Und zwar in gebratenen Stücken, zuvor mariniert in Zitrone, Zwiebeln, Knoblauch, gesalzen. Mindestens einen halben Tag muss der Fisch ziehen, bevor er in die Pfanne kommt. Dazu gibt's Kartoffeln und Sauerkraut.
Das Festessen? Nicht ganz. Denn eigentlich ist es ein Fastenessen. "Ja, so ist das. Mehr dürfen wir nicht, kein Fleisch, keinen Alkohol. Denn Heiligabend ist noch Fastenzeit. Erst am Weihnachstag gibt es die Gans mit vielen Leckereien, süße Sachen und ein, zwei Gläschen Wodka", erklärt Marian Schliwka.
Fastenzeit. Neben der österlichen gibt es auch die vorweihnachtliche - bis 1969 bei der katholischen Kirche, im evangelischen Jahreskalender ist sie noch enthalten.
Seit 30 Jahren kommt Marian Schliwka nun zu Johannes Kiefer. Damals hat er in den Forellenteichen geangelt. "Und dann hat er mich mal gefragt, was denn mit Weihnachtskarpfen sei", erinnert sich Johannes Kiefer. "Die Marktlücke habe ich gern geschlossen. Zwischen 21. und 24. Dezember stehen die Leute bei mir Schlange, zumeist Polen und Oberschlesier. Deutsche kommen eigentlich nicht, um einen Weihnachtskarpfen zu kaufen." Und zu Silvester sei das Geschäft gelaufen. Um bei Kiefer Karpfen zu kaufen, lebend - "die wollen keinen toten" - nehmen Kunden Anfahrtswege von 40 und mehr Kilometern auf sich. Inzwischen inseriert Kiefer sogar in einer polnischen Zeitung, die auch im Ruhrgebiet erscheint.
Und was kommt Heiligabend bei Kiefers auf den Tisch. "Auf jeden Fall kein Fisch, und schon gar kein Karpfen." Der Seniorchef, gelernter Metzgermeister, lacht und ergänzt: "Es gibt ein Fondue."