Im Oktober 2007 erstach der damals 19-jährige Türke Orhan K. (Name geändert) einen Bekannten. Wegen ausstehender Handy-Rechnungen lagen die beiden im Clinch, den der Angeklagte schließlich mit zwei Messerstichen für immer beendete. Doch weil die Stiche auf Unterleib und Beine gezielt waren, wollte das Duisburger Landgericht den 19-Jährigen nicht wegen Mordes verurteilen. Stattdessen sprach ihn die Kammer gestern der „gefährlichen Körperverletzung mit Todesfolge” schuldig und schickte ihn für sieben Jahre ins Gefängnis. „Die Tat ist von Heimtücke geprägt”, begründete der Vorsitzende Richter, „doch einen zwingenden Tötungsvorsatz konnten wir dem Täter nicht nachweisen.” Schon der erste Messerstich war nach Ansicht der Kammer der tödliche. Er verursachte eine acht Zentimeter tiefe Wunde in der Leistenbeuge und öffnete die Hauptschlagader. Das Opfer verblutete. Doch glaubte der Täter, seinen Gegner nicht richtig getroffen zu haben, zumindest hatte er so in seinem Geständnis den zweiten Stich begründet. Und hätte der Angeklagte wirklich töten wollen, hätte er – nach Einschätzung der Kammer – doch spätestens nach dem Fehlversuch in Brust oder Hals stechen müssen, um sein Ziel zu erreichen – kaum aber hätte er dann ins Bein gestochen. Ein Beweis ist das nicht, nur ein Indiz. Damit blieben letztlich zu viele Zweifel übrig, um einen Tötungsvorsatz anzunehmen und eine Verurteilung wegen Mordes zu rechtfertigen: In dubio pro reo. Auch die Geschichte des Angeklagten barg manchen Zweifel. Zufällig will er vom Roller aus sein Opfer an einem Hauseingang in Sterkrade gesehen haben. Dann sei er, quasi im Affekt handelnd, abgestiegen, hingelaufen und habe zugestochen. „Glauben wir nicht”, sagte der Richter dazu. „Sie wussten, wo Sie Ihr Opfer finden würden, sie haben ihm aufgelauert.” Damit erteilte die Kammer auch möglichen strafmildernden Aspekten eine Absage. Zu keinem Zeitpunkt sei die Einsichts- oder gar die Schuldfähigkeit des Angeklagten eingeschränkt gewesen. Wohl aber nahm das Gericht zu Gunsten des 19-Jährigen Reifeverzögerungen an. Darum wurde er nach Jugendrecht verurteilt.