Kinderschutzbund Oberhausen blickt auf 30 Jahre ehrenamtliche Tätigkeit zurück.Extremfälle wie Vernachlässigung und Tötung gab es immer schon. Neue Probleme tauchen auf
Die jüngsten Fälle von Kindstötungen und Vernachlässigungen haben Entsetzen und Trauer ausgelöst. Extremfälle? Sicher. Aber sie habe es schon immer gegeben, sagen die Verantwortlichen des Kinderschutzbundes Oberhausen, der auf 30 Jahre zurückblickt.
Vorsitzender Dr. Winfried Lehnen, Leiter der Kinderklinik im St. Clemens Hospital, bei seiner Arbeit auch konfrontiert mit misshandelten und vernachlässigten Kindern, ist deshalb froh, "dass in den Medien - so schrecklich es ist - ausführlich berichtet wird". "Sicher ist es die Schlagzeile, aber es ist gut, dass dadurch eine Sensibilisierung stattfindet und dieses Thema auf die Tagesordnung kommt."
Der Kinderschutzbund spielt eine wichtige Rolle bei der Prävention. "Das war 1977 die Motivation, den Ortsverband in Oberhausen zu gründen. Und in der Vorbeugung sehen wir auch heute noch unsere wesentliche Aufgabe", erläutert Dr. Lehnen. "Gut, dass es den Kinderschutzbund gibt, denn es könnte sonst alles noch viel schlimmer sein." "Wenn wir auch nur einem Kind helfen können, dann haben wir viel erreicht", fügt Lehnens Stellvertreter Helmut Pasch an. Und Vorstandsmitglied Karl Rieforth weiß: "Der Kinderschutzbund ist in allen Köpfen. Kinder und Jugendliche haben Kenntnis von der Lobby, die für sie da ist."
Davon zeugen rund 5000 Anrufe pro Jahr, die beim Kinder- und Jugendtelefon "Die Nummer gegen den Kummer" eingehen. 2000 Heranwachsende haben ernsthafte Probleme, die in einer Beratung enden. Die Sorgen resultieren aus der Schule, beziehen sich auf Mobbing und Sexualität. Gerade Mobbing sei ein wachsendes Problem, stellt Gründungsmitglied Mechthild Müller fest. "Gewalt unter Schülern, das hat es früher nicht gegeben. Steigende Armut, mehr Kinder mit Migrationshintergrund und Alkohol stellen den Kinderschutzbund heute vor neue Aufgaben." Vernachlässigungen und Misshandlungen führt Mechthild Müller auf den fehlenden Familienverband zurück. "Eltern sind sich heute meist selbst überlassen. Da gibt es keine Großeltern, die helfen und beraten. Das führt gerade bei jungen Eltern oft zu Überlastungen, mit denen sie nicht fertig werden", berichtet Mechthild Müller.
So ist der Kinderschutzbund nicht nur Anlaufstelle für "Sorgenkinder", sondern auch für Eltern, die in den Räumen an der Styrumer Straße 27 Beratung und Hilfe bei Erziehungsfragen finden. Anonymität ist oberstes Gebot. Es gibt weder Karteien noch Akten. Anonym bleiben auch Anrufer, die auf mögliche Notfälle hinweisen möchten. Karl Rieforth: "Wir informieren dann das Jugendamt." Der Kinderschutzbund als Vermittler zwischen besorgten Nachbarn und Behörden.