Eltern befragen, Personalschlüssel und Statistiken erstellen, Dienstpläne schreiben und das jedes Jahr erneut: Der vermehrte bürokratische Aufwand macht den Erzieherinnen zu schaffen.
Das neue Kinderbildungsgesetz „KiBiz” stellte die Kindergartenlandschaft auch in Oberhausen auf den Kopf. Fazit zwei Monate nach der Einführung: „Hilfe, wir ertrinken in einer Papierflut.” Ganz eigene Erfahrungen mit KiBiz konnte auch Andreas Blanke, Sprecher des Stadtelternrates Oberhausen, machen. „Was wir von den Eltern hören, ist in der Regel: Meine Güte, jetzt müssen die Erzieherinnen schon mehr Zeit für den Bürokram aufwenden, als ihnen für die Betreuung der Kinder und für Fortbildungen zur Verfügung steht.” Blankes zwei- und fünfjährige Töchter besuchen die städtische Kindertagesstätte Königshardt. „Wir haben dort jetzt zwei zusätzliche Stundenkräfte.” Was als Verstärkung gedacht war, habe bei den Eltern aber zu Verunsicherung geführt: „Es gibt eine hohe Fluktuation in den Gruppen”, erklärt Blanke. „Eltern, die ihre Kinder um 14 Uhr abholen, treffen jetzt auf eine der Stundenkräfte, haben keine Möglichkeit mehr, sich mal kurz mit der Haupterzieherin zu unterhalten.” Ein Dilemma, das auch die Kindergartenleitung erkannt habe. „Es wird zurzeit ein Dienstplan erstellt, der allen Eltern beim nächsten Kindergartentreffen vorgestellt werden soll”, so Blanke weiter. 93 Kinder werden in der katholischen Kindertagesstätte St. Clemens Sterkrade betreut. Neun Mitarbeiterinnen kümmern sich um vier Gruppen. Auf die Frage, womit sich Leiterin Brigitte Becker vor allem beschäftige, kommt die Antwort: „Dem Erstellen von Statistiken und Fragebögen.” Früher habe sie mehr Zeit für die Kinder gehabt, heute sei ihr Hauptaufenthaltsort das Büro. Besonders Nervenaufreibend für das ganze Team sei, dass der Personalschlüssel jedes Jahr erneut zur Disposition stehe. „Das hängt ja von den Stunden ab, die die Eltern bei uns buchen”, erklärt Brigitte Becker. Dabei sei die Rechnung einfach: „Viele Stunden, viel Personal, wenig Stunden, wenig Personal.” Eltern befragen, Personalschlüssel errechnen, Dienstpläne schreiben – und das jedes Jahr erneut. „Dabei bemühen wir uns in unseren Gruppen um möglichst viel Kontinuität”, betont Brigitte Becker. „Für die Kinder soll alles bleiben wie gewohnt, sie dürfen von dem ganzen Wirbel nichts mitbekommen.” Aus dem Bewegungskindergarten Grashüpfer, einer Elterninitiative, dagegen heißt es: „Alles halb so wild.” 45 Kinder werden dort von sechs Mitarbeitern betreut. Es gibt feste Gruppen und feste Ansprechpartner für die Kinder. „Was KiBiz betrifft sind wir noch in der Findungsphase”, sagt Kita-Leiter Thomas Kluba. Zwischen 35 und 45 Wochenstunden können die Eltern dort wählen – die Plätze sind begehrt. Auf Stundenkräfte verzichtet die Einrichtung: „Wir wollten nicht mit Personal jonglieren, sondern für die Kinder einen verlässlichen Ablauf schaffen.” Den Ganztagsbetrieb musste der evangelische Kindergarten Alstaden zumindest vorübergehend einstellen. „Wir haben von der Stadt nur 25 und 35 Stunden bewilligt bekommen”, sagt Kindergartenchefin Andrea Przybylek. Für das nächste Jahr visiere ihre Einrichtung aber zehn Plätze im Ganztag sowie rund 50 Plätze in der 35-Stunden-Betreuung an. „In diesem Jahr mussten wir leider viele Eltern, die daran interessiert waren, abweisen”, bedauert sie. „Deshalb wünschen wir uns künftig vor allem eine bedarfsgerechtere Verteilung.”