„Gegen das Vergessen” der Nazi-Verbrechen will ein Schulprojekt am Bertha von Suttner-Gymnasium angehen. Die Schüler befragen dabei Zeitzeugen u.a. zur Reichs-Pogromnacht. Interview soll im November im Radio laufen
Hektik herrscht im Medienraum des Bertha von Suttner-Gymnasiums. Neun Schüler der Klasse 10 b schwirren umher, hantieren mit dem Aufnahmegerät, notieren sich Fragen, die sie dem Zeitzeugen Wolfgang Schuster stellen wollen. "Wenn wir eine Aufnahme machen, dann musst du hier drauf drücken" , gibt Projektleiter Richard Neuman letzte Instruktionen. Inmitten des ganzen Trubels sitzt die 79-jährige Hauptperson und wartet geduldig darauf, von den Schrecken des Dritten Reichs zu berichten. "Gegen das Vergessen" lautet das Motto des Schülerprojekts, das die Erinnerung an die Nazi-Verbrechen wachhalten soll.
"Drei, zwei, eins..", Jonas (15) zählt den Countdown runter und betätigt das Aufnahmegerät. Jetzt gilt's. "Herr Schuster, erzählen Sie uns etwas über sich", gewieft wie ein Profi hält Lennart (15) dem 79-Jährigen das Mikro unter die Nase. "Ich war drei Jahre alt, als Hitler an die Macht kam...", sprudelt es nur so aus diesem heraus. Der Essener berichtet vom November im Jahre 1938, als SA-Truppen zusammen mit dem aufgebrachten Mob ein jüdisches Kaufhaus in Flammen aufgehen ließen. Davon, wie sich ein couragierter Hauseigentümer der Meute vor einem anderen jüdischen Laden entgegenstellte und "Hier kommt mir keiner rein" rief. Mit großen Augen lauschen die Schüler den Erzählungen, hängen förmlich an Schusters Lippen. Ein "sehr unheimliches" Ereignis sei die Reichs-Pogromnacht gewesen, versichert dieser. "Vor allem, als es dunkel wurde und wir nicht wussten, wie reagiert die Meute jetzt."
Pause, Zeit zum Durchatmen. Die 16-jährige Kim feilt unterdessen an ihrer Frage. "Sie ist Leistungsschwimmerin und hat Ausdauer in den Muckis", flachst Neuman über das anstrengende Halten des Mikrofons. Nächster Take. "Herr Schuster..", die 16-Jährige verspricht sich, kichert verlegen. Im zweiten Anlauf bringt Kim ihre brisante Frage zum Abschluss: Hat es die Konzentrationslager und den Holocaust wirklich gegeben? Schuster berichtet daraufhin von seiner Verhaftung durch die Russen im Jahre 1945. Sie brachten ihn im ehemaligen KZ-Buchenwald unter. "Ich habe selbst gesehen, dass dort während der Nazi-Zeit Leute gehaust haben müssen", schildert er seine Impressionen. Ebenso wie ihre Mitschüler ist Kim nachhaltig beeindruckt: "Es ist irgendwie schockierend, dass so etwas Trauriges damals Wirklichkeit war."