Oberhausen. . Sonja Bongers gehört zur SPD-Spitze in Partei und Fraktion. Die Landtagswahlkandidatin will das Soziale stärker in den Vordergrund rücken.

  • Sonja Bongers gehört zu den Aufsteigern in der Oberhausener Sozialdemokratie
  • Die Juristin plädiert für eine Fortsetzung des Generationswechsel
  • Die SPD müsse das Soziale wieder mehr in den Vordergrund stellen

Die 40-jährige Juristin Sonja Bongers gehört zu den Aufsteigern der Oberhausener SPD: Seit knapp einem ist sie stellvertretende Vorsitzende des Unterbezirks, seit Juni stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Stadtrat und im Juli stellte die Partei sie als Kandidatin für die Landtagswahl im Mai 2017 auf. Wir sprachen mit der Newcomerin über ihr Engagement, ihre Partei und ihre politischen Schwerpunkte.

Was reizt Sie daran, in der SPD Karriere zu machen?

Vor drei, vier Jahren, als aus meiner Sicht einige Probleme sichtbar wurden, hab ich mir gedacht, es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder du hörst komplett auf oder du versuchst, dich durchzuboxen und in eine Position zu kommen, in der du hoffentlich was verändern kannst.

Bei der Ratswahl hat die SPD viele Prozente eingebüßt und die Oberbürgermeisterwahl ging auch verloren. Was sind die Ursachen?

Wir sind nicht mehr auf die Menschen zu- und eingegangen, haben ihre Probleme teilweise auch nicht erkannt. Wir sind betriebsblind gewesen, das Feinfühlige, das Emphatische blieb auf der Strecke. Auch das hat mich dazu bewogen, mehr in der SPD zu machen.

Welche Probleme wurden nicht erkannt?

Im sozialen Bereich – etwa Hartz IV und Grundsicherung –, da ist lange nicht gesehen worden, dass die Probleme der Menschen sich vervielfältigen. Armut hat sich verfestigt und das zieht wiederum andere Probleme mit sich. Außerdem wurde sich nicht genug um die Themen Wirtschaft und Arbeitsplätze gekümmert. Viele Kleinunternehmer – und da kenne ich Beispiele – hat man nicht genügend unterstützt, wenn sie etwa eine Fläche suchten. Und vielleicht haben die Menschen auch zu viele Jahre immer dieselben Gesichter in der SPD gesehen.

Hartz IV war ein Fehler?

Ja, im Rückblick schon. Damals hat man geglaubt, man muss die Wahrheit sagen, die Menschen wollen nicht belogen werden und wenn Einschnitte kommen, dann haben die Verständnis dafür. Dass die Einschnitte dann teilweise sehr extrem ausfallen, war vielen nicht bewusst, die da mitgestimmt haben. Hartz IV war aber nicht allein Sache der SPD. Doch der Makel ist da. Jetzt muss man dafür sorgen, dass man für die Betroffenen Angebote machen kann. Gerade ältere Arbeitslose oder nicht so Qualifizierte sind frustriert, die wollen arbeiten. Für sie Jobs zu finden, ist die Herausforderung.

Die SPD wird nicht mehr als Kümmerer-Partei wahrgenommen.

Gefühlt ist es seit einem dreiviertel Jahr wieder besser geworden, weil wir uns auch wahnsinnig anstrengen, nicht nur die Ratsfraktion, sondern auch die normalen Mitglieder. Die haben wieder Lust, mit anzupacken. Das war ja lange Zeit nicht so, viele Altgenossen sind nicht mehr gekommen. Fragt man, warum, sagen sie, Ihr habt Euch nicht um die sozialen Probleme gekümmert. Ich glaube, dass jetzt aber ein Aufbruch stattfindet. In wie weit wir den auf die Bürger übertragen können, weiß ich noch nicht. Aber ich bin optimistisch, sie zurückzugewinnen.

Muss das Land Oberhausen mehr unterstützen? 

Wie muss sich die örtliche SPD entwickeln?

Wir müssen den Erneuerungsgedanken fortsetzen und noch ein paar jüngere Leute mehr mit ins Boot holen, die dann den Generationenwechsel vollziehen. Und wir dürfen das S in SPD nicht vergessen, müssen also die sozialen Aspekte nach vorne stellen. Wir brauchen einen dritten Arbeitsmarkt und müssen sehen, wo es im Bund oder Land Fördermöglichkeiten gibt.

Sie sind seit 2009 Ratsmitglied. Wie beurteilen Sie die Arbeit von Oberbürgermeister Daniel Schranz?

Ich glaube, er hat eine sehr moderate Art und versucht, alle mit einzubinden. Er ist sehr fleißig und will für die Stadt nur das Beste. Aber nach einem Jahr kann man noch nicht wirklich sagen, ob er toll oder schlecht arbeitet. Insofern sehe ich das derzeit relativ neutral.

Oberhausen ist hoch verschuldet. Muss das Land mehr helfen?

Das Land hilft ja. Aber ist es ultrawichtig, dass man 2020 einen ausgeglichenen Etat hat? Ich fände es besser, langfristiger planen zu können, als unter so einem tausendprozentigen Spardiktat zu stehen, dass an einem festgelegten Stichtag alle Kommunen auf Spur sein müssen.

Falls Sie in den Landtag kommen, wo liegen Ihre Schwerpunkte, was wollen Sie für die Stadt erreichen?

Man muss da ehrlich sein: Sollte ich gewählt werden, komme ich dahin als Frau Bongers, die keiner kennt. Ich hoffe, mich im Bereich Soziales engagieren zu können, vielleicht auch Justiz oder Inneres. Ich beschäftige mich lieber mit Dingen, von denen ich Ahnung habe. Ich würde versuchen, Programme für Städte hierhin zu bekommen. Und wenn es manchmal nur darum geht, zur rechten Zeit Anträge zu stellen und Fördermittel zu akquirieren. Ganz wichtig: Programme gegen Jugendarbeitslosigkeit. Das ist eine Investition, die sich lohnt.

Wo soll das Geld dafür herkommen?

Es werden sich Mittel finden, wenn man die Prioritäten anders setzt. Bei Steuererhöhungen bin ich vorsichtig: Wenn, dann nur ganz moderat.

Zur Person

Sonja Bongers wurde am 15. Mai 1976 in Oberhausen geboren, ist hier aufgewachsen und zur Schule gegangen. Nach dem Abitur studierte sie Rechtswissenschaften an der Uni Bochum. Nach dem zweiten Staatsexamen trat sie in eine Anwaltskanzlei ein.

Seit 2010 hat sie ihre eigene Kanzlei, ihr Spezialbereich ist das Sozialrecht. Zu ihren Hobbys gehören Konzertbesuche (Rock, Pop der 80er und 90er Jahre), Lesen, Basteln und sie liebt es, im Meer zu schwimmen – alternativ auch in Vonderort oder Mattlerbusch.