Oberhausen. An der Gesamtschule Weierheide gibt es eine Willkommensklasse für Flüchtlingskinder. Hier werden sie besonders intensiv betreut.

  • Nina Warnecke studierte in Münster Kulturanthropologie, Menschen und ihre Kultur also
  • Bei Teach First bewarb sie sich mit Erfolg als Fellow, als Gefährte für Kinder
  • Jetzt hilft sie dabei, dass Kinder aus dem Ausland möglichst schnell Anschluss finden

Eigentlich ist der ehemalige Computerraum der Gesamtschule Weierheide an der Fichte­straße ein ganz normaler Klassenraum. Auffällig daran ist nur, dass alle möglichen Ge­genstände mit ih­rer Bezeichnung beschriftet sind: „der Schrank“ steht da angeschrieben oder „die Tafel“, „das Waschbecken“. Die 18 Mädchen und Jungen, die hier Unterricht haben, leben erst wenige Monate, höchstens aber seit einem Jahr in Deutschland. Entsprechend bescheiden sind ihre Deutschkenntnisse. Deshalb bilden sie ja auch die Willkommensklasse der Gesamtschule. Zwei Jahre lang lernen sie hauptsächlich Deutsch und werden an unser Schulsystem herangeführt.

An diesem Tag versucht Nina War­necke, der Fellow der Organisation Teach First Deutschland, die Deutschkenntnisse der Flüchtlingskinder aufzubessern. Teach First setzt sich für mehr Bildungsgerechtigkeit ein.

Dafür, dass die Neun- bis Zwölfjährigen erst seit wenigen Wochen zusammen sind und manches Kind bis dahin noch nie eine Schule besucht hat, geht es diszipliniert zu. Die Kinder holen ihr Deutschbuch aus dem Regal. Sie schlagen die Weltkarte darin auf, sollen das Land suchen, aus dem sie stammen. Nur Howard aus Nigeria hat in der letzten Reihe damit nicht viel im Sinn. Er zieht, unbemerkt von der Lehrerin, eine Wasserflasche aus seinem Rucksack und genehmigt sich einen großen Schluck daraus. Das fällt erst auf, als er zur Belustigung der anderen Kinder plötzlich laut aufstößt. Und das trägt ihm eine Rüge von Nina Warnecke ein.

Die Kinder stellen sich jetzt in einem Kreis auf. Die 26-Jährige teilt kleine Fähnchen aus. Auf einer Weltkarte sollen sie ihr Heimatland damit markieren. „Ich komme aus Asien. Mein Land ist Kasachstan“, sagt ein Mädchen langsam, aber gut verständlich. Der Reihe nach kommen alle dran. Nur auf ihre Plätze gehen sie anschließend nicht alle. Arolt versteckt sich lieber unter dem Tisch. Dafür gibt es einen negativen Verhaltensstrich. Nachher sollen die Kinder sagen, warum sie sich wieder hinsetzen mussten: „Weil wir laut waren“, heißt es im Chor.

„Es gehört viel Erziehungsarbeit dazu“, sagt Nina Warnecke. Die muss sie diesmal alleine leisten. In den restlichen Stunden ist sie aber mit Klassenlehrerin Sirivan Akbas gemeinsam in der Willkommensklasse. „Die Kinder haben großes Interesse an Bildung, an Wissen“, freut der Fellow sich.

In erster Linie für die Kinder da

Nina Warnecke stammt aus Kassel. Sie hat an der Universität Münster Kulturanthropologie studiert, also wie Menschen sich in verschiedene Kulturen einfügen. Hier in Oberhausen ist sie für zwei Jahre Lehrkraft auf Zeit und erlebt das in der Praxis.

Dabei will sie gar nicht Lehrerin werden. „Ich sehe mich eher in der Bildungsarbeit, bei Verbänden oder Stiftungen“, sagt die junge Frau. Fellow für Teach First zu sein, das ist erst einmal ein Einstieg. Damit sollen angehende Führungskräfte den Bezug zur gesellschaftlichen Basis bewahren. „Vielleicht ändere ich ja meine Meinung noch“, sagt Nina Warnecke.

In der Willkommensklasse ist sie nicht in erster Linie, um Lernstoff zu vermitteln. Schließlich wurde sie in nur drei Monaten auf ihre Aufgabe vorbereitet. Sie soll vielmehr eine persönliche Beziehung zu den Kindern aufbauen, soll auch im nächsten Jahr, wenn die Kinder in eine normale Klasse versetzt werden, ihre Ansprechpartnerin bei Problemen sein.

Schulleiterin Doris Sawallich hat sich um Zuteilung eines Fellows beworben. Sie leitet seit knapp einem Jahr die Sterkrader Gesamtschule, war zuvor in Mülheim tätig. Und dort sammelte sie positive Erfahrungen mit Fellows. „Fellows sind ein zusätzliches Bonbon für die Schüler“, sagt sie. „Sie werden nicht auf das Stellenbudget einer Schule angerechnet.“