Oberhausen. . Die Oberhausenerin Serap Tanis hilft Müttern mit Migrationshintergrund zurück ins Berufsleben. Dafür erhielt die 52-Jährige den Talent Award Ruhr.

  • Srerap Tanis macht Mütter mit Migrationshintergrund fit für den Arbeitsmarkt
  • Diplom-Pädagogin betreut mehr als 50 Mütter aus unterschiedlichen Ländern
  • „Der Preis ist eine Würdigung und Anerkennung meiner Arbeit“, sagt sie

Mütter mit Migrationshintergrund, die aufgrund sprachlicher Defizite nicht berufstätig sind, wieder stark für den Arbeitsmarkt machen – genau hier setzt Serap Tanis, Koordinatorin der ZIB-Bildungsinitiative im Katholischen Jugendwerk Oberhausen („Die Kurbel“), mit ihrem Projekt „MuT Mütter und Talent“ an.

Akademikerinnen oder Frauen mit niedrigem Bildungsabschluss bekommen von der 52-Jährigen und ihrem Team Bewerbungscoachings, sie vermitteln ihnen Praktika, Weiterbildungen oder Ausbildungen und helfen bei Anerkennungsverfahren von ausländischen Bildungsabschlüssen.

Am Donnerstagabend wurde die 52-Jährige für ihr Engagement von der Talent Metropole Ruhr, die Bildungsinitiative des Initiativkreises Ruhr, mit dem Talent Award Ruhr ausgezeichnet.

Schnell an die Grenzen gekommen

Entstanden ist die Idee zum Projekt durch die Praxis: „Seit 2007 biete ich Müttern bereits die Qualifizierung zu Interkulturellen Mediatorinnen an. Doch wir sind schnell an unsere Grenzen gekommen.“ Denn die Qualifizierung sei lediglich auf ein Jahr begrenzt und die Frauen fanden nur eine Anstellung als Honorarkraft in der Einrichtung „Die Kurbel“. „Das hat mich sehr frustriert. Ich wollte den Müttern unbedingt eine Vollzeitstelle vermitteln und eine bessere Perspektive geben – es musste sich dringend etwas ändern“, erzählt Tanis.

Damit war ihr Projekt geboren, es fehlte nur noch der passende Name: „Es sollte ein Projekttitel sein, der bei den Leuten hängenbleibt und natürlich meine Arbeit widerspiegelt.“

Seit dem Jahr 2015 wird das Projekt „MuT Mütter und Talent“ vom Bundesfamilienministerium gefördert. Das mache es möglich, langfristiger zu planen und die Frauen intensiver zu begleiten und zu qualifizieren. Sie bekommen Einzel- und Bewerbungscoachings oder Schulungen für soziale und berufliche Kompetenzen. Dabei gehe es nicht nur um die Vermittlung von Wissen: „Mir ist es wichtig, die Frauen dort abzuholen, wo sie stehen – mit ihren Kompetenzen, Sprachkenntnissen und Erfahrungen, die sie besitzen.“

"Ich lege Wert auf bunte Gruppen"

Wenn sie von Hayat Knoopen, einer „Vorzeige-Frau“, erzählt, beginnen ihre Augen zu strahlen. Die Marokkanerin hatte mit 20 Jahren ihre Heimat verlassen, nach ein paar Jahren Schule und einer Schneiderlehre. Lesen und Schreiben fällt ihr schwer – Selbstbewusstsein war ein Fremdwort für sie. Bis sie Serap Tanis traf. „Sie hat mir klar gemacht, dass mein Wert als Mensch nicht nur an schulischen Leistungen gemessen wird, sondern an meiner Person, an meinem Können und an meiner Arbeit. Und sie hat mich motiviert und mir immer wieder vor Augen geführt, dass ich selbst die Macht habe zu entscheiden, was ich aus meinem Leben mache“, erzählt die 36-Jährige. Und sie hat es geschafft: Seit dem vergangenen Jahr ist sie im Brückenkindergarten der ZIB-Bildungsoffensive angestellt. „Eine solche Entwicklung zeigt mir, dass ich alles richtig mache“, so Tanis.

Aktuell betreut die Diplom-Pädagogin mehr als 50 Mütter aus den unterschiedlichsten Ländern. „Ich lege Wert auf bunte Gruppen – die Frauen sind zwischen 25 und 55 Jahre alt, Akademikerinnen oder mit niedrigerem Bildungsabschluss“, erklärt Tanis. Ziel sei es, die Frauen für das Berufsleben zu stärken, ihnen Mut zu machen, denn viele seien aufgrund sprachlicher Defizite unsicher. Und das Interesse an ihrem Projekt ist groß: „Viele Frauen kommen von selbst zu mir. Der Ehrgeiz der Teilnehmerinnen ist groß. Sie wollen endlich wieder im Berufsleben Fuß fassen“, sagt die 52-Jährige.

Dass sie nun für ihre Arbeit und ihr unermüdliches Engagement ausgezeichnet wurde, macht sie unendlich stolz: „Ich investiere so viel meiner freien Zeit in die Frauen – der Preis ist eine Würdigung und Anerkennung meiner Arbeit.“

5000 Euro für die Projekte der Preisträger

Ausgezeichnet werden vom Initiativkreis Ruhrgebiet Personen, die sich in besonderem Maße für die Förderung von Talenten einsetzen – und dafür Anerkennung und Unterstützung verdienen. Im Rahmen einer großen Festveranstaltung am gestrigen Donnerstagabend in Essen wurde vier Talenten von der Metropole Ruhr die Auszeichnung überreicht.

Mit je 5000 Euro wurden die Gewinnerprojekte unterstützt. Das Preisgeld fließt direkt in die Talentförderung der Gewinnerprojekte (Kindertagesstätte, Schule, Hochschule oder Ausbildung/Beruf). Preiswürdige Förderer sind Menschen, die haupt-, nebenberuflich oder ehrenamtlich in (Aus-)Bildung, Lehre, Studium und Erziehung tätig sind und die Begabungen anderer entdecken, fördern, unterstützen. Sie müssen vorgeschlagen werden; Eigenbewerbungen sind nicht möglich.

Die Bildungsakteure müssen operativ arbeiten, sich also vor Ort um die jungen Leute kümmern. Zudem müssen ihre Projekte kostenlos sein und aktuell auch laufen. Schwerpunkte sind etwa die erfolgreiche Gestaltung von Bildungsübergängen, die Vermittlung von Sozialkompetenz sowie Sprachförderung, Berufs- und Studienorientierung.