Oberhausen. Die Künstlerin Marie-Luise O’Byrne-Brandl bietet Schreibhilfe für Liebesbriefe am Bahnhof in Oberhausen an. Die Aktion gehört zum Actopolis-Programm.
Am Dienstag bekommt der Vorplatz am Oberhausener Hauptbahnhof eine ganz besondere Atmosphäre. Statt Tickets bekommen Passanten dann Liebesbriefe mit auf den Weg. Im Rahmen von „Actopolis“ bietet die Künstlerin Marie-Luise O’Byrne-Brandl ihre Hilfe zum Schreiben an.
Die Oberhausenerin ist bekannt für spezielle künstlerische Vorstellungen. Hat sie doch schon mal auf dem Weihnachtsmarkt in Buschhausen in einem Stall mit Pelzmantel in einem Bett gelegen und den Besuchern angeboten, sich von ihr wärmen zu lassen. Oder eine Beichte für 110 Leute verfasst, die ihr allesamt drei Worte aus ihren erotischen Fantasien zugeflüstert haben. Wichtig sind der Künstlerin Endlichkeit, Nähe und Humanität, was sich in ihren Auftritten immer widerspiegelt. Dabei lässt sie sich selbst auf Abenteuer ein, weil sie nicht plant, was passiert. So wie am Dienstag am Hauptbahnhof.
Dann soll die Liebe im Vordergrund stehen. „Als junge Frau habe ich selbst oft Liebesbriefe geschrieben“, erzählt die 59-Jährige, die Rhetoriker faszinieren und der es selbst leichtfällt, „schöne Worte zu finden.“
„Ich vertraue auf meine Authentizität“
Sie denkt, dass manche Leute eine Scheu vor Liebesbriefen haben. Deshalb hilft sie dabei. Im Einzelgespräch, um herauszufinden, wer der Empfänger ist. „Ich habe nicht das Bedürfnis, dabei perfekt zu sein. Ich habe mir auch nichts zurechtgelegt, ich vertraue auf meine Authentizität“, sagt sie im Voraus. Dennoch fühlt sie sich wohl dabei, überschwängliche Formulierungen niederzuschreiben. Mit dem Füllfederhalter auf Papier, so wie es früher bei den Liebesbriefen gängige Praxis war. Auch heute schreibt sie noch gerne Postkarten. „Tinte und Papier haben etwas vergängliches, so wie die Liebe“, findet O’Byrne-Brandl.
Keine Angst vor Fremden
Sie findet es spannend, mit fremden Menschen in Kontakt zu kommen. „Ich fürchte mich nicht davor, ich entwickele in dem Moment besondere Kräfte“, beschreibt sie ihre Auftritte. Dazu gehörten unter anderem auch eine öffentliche Fußwaschung auf dem Friedensplatz oder eine Präsentation von Thrombosestrümpfen vor dem Eingang der Ludwiggalerie. Dort stand sie im Mittelpunkt und kam zwangsweise mit Fremden in Kontakt. „Natürlich ist innovative Kunst immer ein Wagnis“, sagt die amouröse Stadtschreiberin.
Einen Liebesbrief richtet die Künstlerin am Dienstag auch an den Bahnhof, auf dessen Vorplatz sie sitzen wird. Die Idee kam ihr vor allem durch den Medienbericht der Süddeutschen Zeitung, in dem Oberhausen eine schlechte Bewertung bekam. Vielleicht werden es auch noch mehr als ein Brief. „Wenn keiner der Passanten sich zu mir traut, richte ich einen Brief an Bahnsteig 1 und 2“, sagt O’Byrne-Brandl.
Liebesbriefe zwischen 15 und 18 Uhr
In der Zeit von 15 bis 18 Uhrstellt sich die Künstlerin Marie-Luise O’Byrne-Brandl am Dienstag, 6. September, auf dem Bahnhofsvorplatz zur Verfügung, um bei der Formulierung von Liebesbriefen zu helfen.
Seit Donnerstag läuft die Actopolis-Woche, deren letzte Veranstaltung am 11. September ist.