Oberhausen. Die Sommerpause ist zu Ende, da entdeckt Oberhausens Kämmerer Apostolos Tsalastras: Sein Haushaltsdefizit 2016 wird doppelt so hoch wie kalkuliert.

  • Dem Stadtkämmerer Tsalastras fehlt plötzlich eine zweistellige Millionensumme
  • Die Oberhausener Betriebe zahlen weniger Gewerbesteuern als erwartet
  • Die neue Haushaltssperre für die Stadt wird das Defizit aber nur leicht verringern

Trotz guter Wirtschaftslage und sinkender Flüchtlingszahlen muss Stadtkämmerer Apostolos Tsalastras allen städtischen Abteilungen die Daumenschrauben anlegen: Er verhängt ab sofort eine Haushaltssperre – und will so bis zum Jahresende drei Millionen Euro erwirtschaften. Denn das zu erwartende Loch im Haushalt 2016 fällt größer aus, als im Herbst vergangenen Jahres kalkuliert: Statt mit einem Jahresverlust von 16,4 Millionen Euro abzuschließen, rechnet der Kämmerer jetzt mit einem Minus von 35 Millionen Euro. Das Defizit ist damit mehr als doppelt so hoch wie geplant – wie kann das passieren?

Drei Ursachen macht Tsalastras aus: Die Betriebe werden trotz stetig angehobener Steuersätze 2016 wohl nur 83 Millionen Euro Gewerbesteuer an die Stadt zahlen – statt wie erwartet gut 93 Millionen Euro; es sind mit 2300 Flüchtlingen rund 400 Flüchtlinge mehr unterzubringen, als eingerechnet (Zusatzkosten: drei Millionen Euro) und die Betreuung von schwierigen Jugendlichen verschlingt acht Millionen Euro mehr.

In der Summe fehlen in der Stadtkasse, kritisch beäugt von der Kommunalaufsicht in Düsseldorf, also satte 20 Millionen Euro.

Defizit möglichst klein halten

„Angesichts dieses Betrages bin ich verpflichtet, eine Haushaltssperre zu verhängen, um das Defizit möglichst klein zu halten“, sagt Tsalastras. Und beruhigt alle Bürger: „Natürlich erfüllen wir all das weiter, zu dem wir rechtlich verpflichtet sind: Keiner muss sich Sorgen machen, dass wir keine Personalausweise mehr ausgeben, die Sozialhilfe nicht mehr weiterzahlen oder keine Autos mehr zulassen.“ Auch Investitionen für den Erhalt der Substanz oder eingegangene vertragliche Verpflichtungen etwa für künftige Kulturveranstaltungen werden eingehalten.

Alle gewünschten Ausgaben der städtischen Einrichtungen in diesem Jahr müssen allerdings vom Kämmerer extra geprüft und genehmigt werden. Dabei gilt: Nur was unbedingt noch in diesem Jahr benötigt wird, wird abgesegnet. Ein Kühlschrank für die Kita zum Betrieb der Einrichtung kann dazugehören, die Reparatur des 24-Stunden-Automates der Zentralbibliothek wohl nicht. Betriebsfeiern müssen ins nächste Jahr geschoben werden.

Trotz dieser Anstrengungen wird das Defizit am Jahresende wohl bei 30 Millionen Euro statt 16,4 Millionen Euro liegen. Und der Haushalt 2017 wird pessimistischer geplant – für die vom Land für nächstes Jahr vorgeschriebene „Schwarze Null“ muss Tsalastras noch über vier Millionen Euro neu zusammenkratzen.

Auch wenn das aktuelle Defizit im städtischen Haushalt doppelt so hoch ausfällt wie bislang kalkuliert, ist Kämmerer Apostolos Tsalastras optimistisch, dass der Haushaltsausgleich im nächsten Jahr zu schaffen ist. So rechnet er für 2017 zwar mit weniger Einnahmen aus der Gewerbesteuer – statt mit 90 Millionen kalkuliert er nun mit 85 Millionen Euro – erwartet aber mehr Geld vom Bund und für die Betreuung von Flüchtlingen. Mehr Sorge bereiten ihm da die 2,4 Millionen Euro, die er im Rahmen der Haushaltssanierung gegenfinanzieren muss.

Da wäre der Bildungsplan: Die Beschlüsse des Oberhausener Stadtrats, keine Schulen zu schließen, kosten die Stadt mehr als 1 Million Euro. Dafür muss entweder an anderer Stelle gespart werden oder mehr Geld ins Stadtsäckel fließen.

Mehr Politessen einstellen?

In diesem Zusammenhang dürften auch die Parkgebühren im Kaisergarten nochmal auf dem Prüfstand stehen. Zwar hat die Politik seinerzeit beschlossen, die Gebühren abzuschaffen, aber noch keinen Vorschlag zur Gegenfinanzierung gemacht. Bislang müssen Autofahrer noch den Parkautomaten mit Münzen füttern. Rund 250 000 Euro würden der Stadt bei Abschaffung dieser Parkgebühren laut Tsalastras entgehen. „Das sind die Betriebskosten einer kleinen Grundschule“, macht er deutlich. Möglicherweise wäre eine Lösung, diesen Beschluss erst viel später umzusetzen.

Eine andere Möglichkeit: Mehr Politessen einstellen, die mehr Kontrollen parkender Autos durchführen und im Zweifel mehr Verwarnungen aussprechen könnten. Auch das könnte ein Plus für die Stadtkasse bedeuten. Noch eine andere Möglichkeit: Die Steuern weiter erhöhen. Das aber wolle eigentlich niemand, sieht Tsalastras das Problem.

Für 2017 ist eh bereits eine Erhöhung der Grundsteuer B angekündigt: Der Hebesatz wird um 30 Prozentpunkte von 640 auf 670 Prozent steigen. Für ein neueres Einfamilienhaus (Baujahr 200) bedeutet das grob kalkuliert eine Abgabe von 417 Euro pro Jahr – die Steuer steigt monatlich um 1,56 Euro pro Monat. Bislang zahlen die Eigentümer also rund 400 Euro im Jahr. Für die Gewerbesteuer ist die letzte Stufe der Erhöhung erst für das Jahr 2018 angesetzt.

Es wird also noch viel Arbeit auf Politik und Stadtverwaltung zukommen, um kreative und intelligente Spar- und Einnahmemodelle zu entwickeln. Auch die Bürger werden gefragt sein, wenn der Kämmerer demnächst zu Informationsveranstaltungen einladen wird. Diese allerdings werden diesmal in Räumen stattfinden, die die Stadt nichts kosten, kündigt Tsalastras an. Statt ins Café Piktron werden die Bürger in der Gesamtschule Osterfeld informiert. Oberhausen muss halt sparen.