Oberhausen. Schwerer Schlag für die Stadt Oberhausen. Der Stahlkonzern Thyssen-Krupp gibt den Plan auf, auf dem Waldteichgelände ein großes Röhrenlager zu bauen.

Sechs Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg sind in den vergangenen Wochen auf dem Waldteichgelände im Oberhausener Norden entschärft worden. Vergleichsweise lautlos. Am Montag hat der Stahlkonzern Thyssen-Krupp dann eine Bombe platzen lassen: Das weitläufige Areal nahe der A 3, auf dem eigentlich ein Lagerzentrum für Röhren, Walz- und Edelstahl entstehen sollte, wird aufgegeben und soll an einen anderen Investor veräußert werden. „Der Konzern wird dazu zeitnah Gespräche mit der Stadt Oberhausen und der Entwicklungsgesellschaft Neu-Oberhausen mbH (ENO) führen, um die Interessen der Stadt in den Verkaufsprozess mit einzubeziehen“, teilte eine Thyssen-Krupp-Sprecherin mit.

Für die Stadt ist das ein herber Schlag: Ursprünglich war einmal geplant, dass Thyssen-Krupp auf einem rund 25 Hektar großen Areal vier Lagerhallen mit einem Investitionsvolumen von rund 60 Millionen Euro baue. Die Rede war außerdem von bis zu 400 möglichen Arbeitsplätzen, die an diesem Standort entstehen könnten. Jetzt teilt Thyssen-Krupp lapidar mit: „Der ursprünglich verfolgte Plan, am Waldteich einen Logistikstandort zu realisieren, wird nicht weiter verfolgt.“

Standort wird als nicht mehr bedeutend genug angesehen

An einem lange diskutierten und bislang fehlenden Anschluss an die nahe A 3 habe das nicht gelegen, betonte eine Konzern-Sprecherin. Allerdings werde der Standort Oberhausen intern nicht mehr als bedeutend genug gesehen: „Der Handel- und Dienstleistungsbereich von Thyssen-Krupp hat sich nach eingehender Analyse seines europäischen Logistiknetzwerks aus strategischen Gründen dazu entschieden, die Versorgung der Kunden über die bestehende Infrastruktur sicherzustellen.“ Ein weiteres Entscheidungskriterium sei auch die „nachhaltig herausfordernde wirtschaftliche Entwicklung auf den Werkstoffmärkten“ gewesen.

Die derzeitigen Arbeiten auf dem Gelände, das sogenannte Bodenmanagement, sollen fortgesetzt und voraussichtlich Anfang des kommenden Jahres abgeschlossen werden. Der Konzern will das Areal nach eigenen Angaben so aufbereiten, „dass eine möglichst breite anschließende Nutzung möglich ist“. Erste Anfragen von möglichen Käufern gebe es bereits. Sie lägen der ENO und dem Grundstücksbesitzer, der Thyssen-Krupp Real Estate, vor. Konkreter wird der Konzern nicht: „Genauere Auskunft zu den Interessenten können wir derzeit nicht geben.“

"Ich sehe das mit einem lachenden und einem weinenden Auge", so kommentiert ENO-Geschäftsführer Frank Lichtenheld die Entscheidung des Konzerns aus Sicht der städtischen Wirtschaftsförderer. Zwar sei es schade, dass die bisherigen Pläne von Thyssen-Krupp an diesem Standort nun nicht mehr umgesetzt würden, allerdings sei es für die weitere Entwicklung des Waldteichgeländes auch wichtig, dass größere Flächen für neue Interessenten nun wieder zur Verfügung stünden. Areale wie dieses seien nicht nur in Oberhausen, sondern auch im gesamten Ruhrgebiet "Mangelware", sagt Lichtenheld. Mangels geeigneter Flächen habe die Stadt in der Vergangenheit "mehrere Anfragen ziehen lassen müssen". Das stelle sich mit der geänderten Situation am Waldteichgelände nun wieder anders dar. Wichtig sei nun, dass Thyssen-Krupp seine Bodenmanagement-Arbeiten wie geplant fortsetze. In Gesprächen stimmten sich die Stadt und der Konzern eng über die aktuelle und weitere Entwicklung des Geländes ab. "Ich schaue positiv in die Zukunft", sagt Lichtenheld.

Fertigstellung verzögerte sich immer wieder

Das geplante Logistik-Zentrum hätte eigentlich eine der größten Firmenansiedlungen in der jüngeren Oberhausener Stadtgeschichte werden sollen. Erstmals vorgestellt hatte der Konzern sein Pläne im Jahr 2008. Immer wieder gab es in den Folgejahren Gerüchte, Thyssen-Krupp werde von dem Standort wieder Abstand nehmen. Turnusmäßig dementierte das Unternehmen dies. Allerdings wurde die geplante Fertigstellung in regelmäßigen Abständen wieder verschoben. Auch wegen der wirtschaftlich angespannten Lage des Unternehmens wurden die Arbeiten dort für längere Zeit ausgesetzt. Widerstand kam zudem von Anwohnern, die sich in einer Bürgerinitiative gegen die Ansiedlung zu wehren versuchten, weil sie eine massive Zunahme des Schwerlastverkehrs in diesem Bereich befürchteten. Auch dazu wird es nun nicht mehr kommen.