. Wie in den USA ermöglichte die Eisenbahn das rasante Wachstum der Bürgermeisterei. Das Schachbrett des Straßennetzes nahm die Stadtentwicklung vorweg.
Bis 1866 hatte in nur gut 40 Jahren im Oberhausener Raum eine wahre Revolution stattgefunden: Es war die in England geborene Industrielle Revolution und in ihrem Gefolge die beginnende Verstädterung. Drei gravierende Veränderungen führten zur Gründung der Bürgermeisterei Oberhausens 1862.
Erstens entstand von 1828 bis 1832 an der Emscher mit dem Walzwerk Oberhausen der erste Großbetrieb der Eisen- und Stahlindustrie im Ruhrgebiet, damals mit rund tausend Beschäftigten weit größer als die Kruppsche Gussstahlfabrik in Essen-Altendorf.
Zweitens wurde 1846 durch die Lirich-Lipperner Heide Deutschlands wichtigste West-Ost-Verbindung im aufstrebenden Eisenbahnwesen gebaut: Die Köln-Mindener Eisenbahn verband fortan das wirtschaftlich fortschrittliche Rheinland mit Preußens Hauptstadt Berlin. Ihr Haltepunkt in der Heide mit dem Namen Oberhausen verdankte sich dem benachbarten Schloss, vor allem aber dem starken Engagement der drei Oberhausener Eisenindustriellen Jacobi, Haniel und Huyssen (fortan JHH) für den Bahnhof als Güterumschlagplatz der Eisenerzeugnisse ihrer gemeinsamen Gesellschaft.
Drittens setzte die Bahnhofsgründung einen eindrucksvollen industriellen Aufschwung in Gang: Binnen zehn Jahren entstand um den Bahnhof ein Kranz von Industrieunternehmen, in deren Folge die Wohnbesiedlung stark einsetzte: Auf die Zeche Concordia 1850 folgten die Zinkfabriken Altenberg und Grillo, die Chemiefabrik Rhenania und die Styrumer Eisenindustrie auf dem heutigen Friedensplatz.
Die Eisenhütte neben dem Kloster
Als mittlere der drei Oberhausener Hütten wurde 1782 die Hütte Gute Hoffnung unmittelbar in der Ortsmitte der Dorfschaft Sterkrade südöstlich des Kloster der Zisterzienserinnen an der heutigen Weseler Straße gegründet.
Sie bildete jedoch schon kurz darauf seit der unternehmerischen Zusammenführung der drei Hütten 1810 im Unternehmen JHH – Hüttengewerkschaft Jacobi, Haniel und Huyssen – für die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts den wirtschaftlichen Mittelpunkt der Eisenindustrie im Oberhausener Raum.
Mit der Hütte entstand eine Weiterverarbeitung von Metallwaren, die Sterkrade im weiteren 19. Jahrhundert berühmt machen sollte: Als Hersteller von Dampfmaschinen und Schienen, aber auch von Brücken und Baustahl-Konstruktionen aller Art.
So setzte in Sterkrade anders als in Osterfeld dank stetiger „Verhüttungskampagnien“ die dauerhafte Ansiedlung von Arbeitern und Meistern ein. Es folgte die industrialisierungsbedingte Verstädterung.
Ihre Dynamik verdankte sich dem schon von den Zeitgenossen um 1900 so genannten „Gesetz vom doppelten Stellenwert“: Auf jeden Arbeitsplatz in der Grundstoffindustrie folgte ein zweiter in Handwerk und Handel, in öffentlichen Dienstleistungen und in der Verwaltung der Unternehmern selbst.
Der Auftakt zur siedlungsmäßigen Bildung der Stadt Sterkrade, die dieses Recht erst 1913 erhalten sollte, ist somit in ersten Anfängen unmittelbar um die Werksanlagen der Hütte Gute Hoffnung schon in den 1830er Jahren sichtbar.
Wegen des sich bildenden Siedlungsschwerpunktes für Industrie und Wohnen um den Bahnhof erfolgte die Gründung der Bürgermeisterei Oberhausen 1862 nicht allein auf dem Lirich-Lipperner Nordteil der Heide. Sämtliche Heideanteile der südlichen Nachbargemeinden Meiderich, Alstaden, Styrum und Dümpten wurden hinzugefügt. So reichte die junge Bürgermeisterei im Süden bis zur heutigen Grenzstraße – und schloss damit die Marktplatzschenkung des Styrumer Bauern Stöckmann aus dem Jahr 1859 (den Altmarkt) mit ein.
Durch die Schnelligkeit seines Wachstums hatte Oberhausen bei seiner Gründung als Bürgermeisterei 1862 schon 5600 Einwohner und legte sich den rasanten Beinamen „Chicago im preußischen Westen“ zu, denn wie dieses wurde es schnell zum Eisenbahnknotenpunkt. Hier trafen sich die Linien nach Köln und Dortmund, nach Essen und Ruhrort sowie nach Arnheim in den Niederlanden.
Der weiteren Stadtentwicklung kam der 1865 aufgestellte, schachbrettartige Straßenplan zugute, weil er die Bebauung nahezu des gesamten Gemeindegebietes ermöglichte. In einer Zeit, als Wasser, Strom und Gas noch nicht zu den selbstverständlichen Annehmlichkeiten zählten, bildete der Straßenplan die alleinige Grundlage für Grundstücks-Erschließungen und Baukonzessionen.