Oberhausen. Marcus Remark hat die wachsende Konkurrenz im Visier – und reagiert. Peter Szymaniak sprach mit dem Manager über Entwicklung und Zukunft des Centros.
Herr Remark, das Centro ist vor 20 Jahren eröffnet worden und mit 23 Millionen Besuchern im Jahr ein riesiger Publikumsmagnet. Was halten Sie für den entscheidenden Faktor, dass das Centro so eine Anziehungskraft entwickelte?
Marcus Remark: Das Centro war das erste große Einkaufszentrum der amerikanisch-englischen Art – und das im Ruhrgebiet, das sich mitten im Strukturwandel befand. Deshalb hatte die politische Entscheidung zugunsten des Centros eine erhebliche Dimension, die über die Landesgrenzen hinweg sehr große Beachtung fand. Die einzigartige Kombination von Freizeit, Unterhaltung und Einkauf war dadurch schon früh in aller Munde und hat für Aufsehen gesorgt. Die hohe Besucherzahl zog andere Unterhaltungsanbieter an: Merlin mit dem Sealife-Großaquarium und dem Legoland, Stage mit dem Musicaltheater.
Hätte das Centro als reines Einkaufszentrum ohne Marina, Aquarium, Konzertarena und Park eine so hohe Attraktivität entwickelt?
Remark: Nein, das glaube ich nicht. Selbst aus heutiger Sicht hat diese Kombination aus Shopping und Freizeit ein Alleinstellungsmerkmal – in Deutschland sowieso, aber auch europaweit ist es sehr, sehr selten. Der Mega-Erfolg des Centros hat definitiv mit dieser idealen Symbiose zu tun.
Allerdings klettern seit zehn Jahren die Besucherzahlen nicht mehr, sie stagnieren. Woran liegt das?
Remark: Wir haben kleinere Schwankungen rund um die 23 Millionen Besucher im Jahr – wir scheinen eine Obergrenze erreicht zu haben. In diesen harten Wettbewerbszeiten hätte ich eigentlich erwartet, dass Sie fragen, wie haben Sie es geschafft, weiterhin so viele Menschen ins Centro zu locken, wo doch die Konkurrenz im Einzelhandel so stark gewachsen ist: Mehr Einkaufszentren, mehr Outlet-Center, ein unglaublich stark wachsender Online-Handel.
Sie haben unsere nächste Frage vorausgeahnt: Immer mehr Kunden kaufen ja übers Internet – ist das ein hohes Risiko fürs Centro?
Remark: Ja, den Online-Handel betrachten wir als größte Herausforderung fürs Centro. Wir sehen zwar das Centro gut aufgestellt, aber im Einzelhandel ist nichts sicher. Wir müssen dringend etwas tun, um insbesondere in Sachen Einkaufserlebnis und Services gegenüber dem Internet zu punkten, und machen das auch: Unser Konzept, Unterhaltung, Essen und Einkaufen zusammenzubringen, wird überleben, weil sich Menschen auch künftig gerne treffen wollen, um mit ihren Familien und Freunden etwas zu erleben. Wir müssen aber mit der Zeit gehen.
Was heißt das?
Remark: Das Centro wird modernisiert. Zudem bauen wir Angebote für Familien aus: So werden wir die Kinderbetreuung wieder einführen – und einen neuen Spielplatz im Außenbereich oder auf der Promenade bauen. Im nächsten Jahr packen wir die Coca-Cola-Oase als wichtigsten Modernisierungsschritt an: Wir halten die Architektur für überholt.
Gefällt Ihnen auf der Promenade der Angebotsmix nicht mehr – angesichts der heutzutage sehr speziellen Ess- und Feier-Wünsche ?
Remark: Das ist hier weniger eine Frage des Mixes oder des Konzeptes. Das Erscheinungsbild steht bei uns im Fokus, hier gibt es Ideen, die Promenade anders zu gestalten. Wie das Kauf- hat sich das Ausgehverhalten stark verändert. Wir haben ja kein Nachtgeschäft mehr auf der Promenade, weil sich die Zeiten von Discos wie Adiamo überlebt haben. Wir werden die obere Etage mit neuen Freizeitattraktionen bespielen.
Zu Beginn wollte das Centro das vielfältige Warenangebot einer Innenstadt abbilden, heute sehen viele Bürger
das Centro nur als großes Textil-Kaufhaus. Stimmen Sie dieser Kritik zu?
Remark: Das Centro ist zwar recht modelastig, aber ich glaube nicht, dass wir einen anderen Mix benötigen, weil dieser ja so sehr gut funktioniert. Ich habe mich etwa darüber gewundert, dass bei uns ein 22. Schuhgeschäft öffnen wollte, wo wir doch erst 21 Schuhläden haben. Drei Tage später erhielten wir eine Marktstudie: Dabei haben 78 Prozent aller Frauen gesagt, am Centro gefällt ihnen am besten die Auswahl der Schuhgeschäfte. Wenn der Kunde gerne Schuhgeschäfte haben möchte, dann bekommt er Schuhgeschäfte.
Aber sicher werden wir immer am Mix der Läden arbeiten. Zuletzt und in naher Zukunft konnten und können wir einige Neueröffnungen und Erweiterungen feiern: Die Kaffee-Marke Nespresso, die Modehändler Mango und H&M, die Amsterdamer Modemarke Scotch & Soda, ein tolles und erstmalig in Deutschland umgesetztes Konzept des Süßwarenanbieters Storck sowie eine Shopidee des Sneaker- und Streetwearanbieters Snipes.
Centro-Manager Remark: „Insgesamt hat das Centro der Region genützt“
Die Freizeiterlebnisse am Centro sind – wie Sie sagen – für den Erfolg des Centros sehr wichtig. Wünschen Sie sich hier neue Freizeitattraktionen in der Neuen Mitte?
Remark: Nicht unbedingt, entscheidender ist vielmehr, die vorhandenen Angebote moderner zu gestalten. Wir führen Gespräche darüber, neue Konzepte für den Centro-Park zu entwickeln. Da liegen uns tolle Ideen vor.
Welche Folgen hatte das Centro nach Ihrer Einschätzung für die Nachbarstädte?
Remark: Wettbewerb führt jedenfalls nach meiner Erfahrung innerhalb des Centros dazu, dass alle Beteiligten investieren, um Kunden zu gewinnen. Das Centro ließ deshalb die Nachbarstädte darüber nachdenken, wie man sich künftig im Wettbewerb positioniert. Das ist gut so. Wir müssen ja auch überlegen, wie wir uns gegen den Online-Handel behaupten – den kann man ja auch nicht vor Gericht verbieten lassen. Natürlich gibt es Innenstädte, denen das Centro Kaufkraft abgezogen hat, aber wenn sich Städte intensiver um Angebote und Aufenthaltsqualität ihrer Innenstadt kümmern müssen, dann ist das eine Chance, Kunden für sich zu begeistern. Insgesamt hat das Centro der Region genützt, weil so viele Menschen von außerhalb zu uns kommen – und sich die Sehenswürdigkeiten im Ruhrgebiet anschauen.
Trotzdem leiden ja nicht wenige Innenstädte. Können Sie als Centro-Manager Ratschläge geben, wie sich die Citys aufstellen müssten?
Remark: Mir steht es nicht zu, hier anderen Ratschläge zu geben. Gleichwohl denke ich, dass jede Innenstadt wie jedes Shopping-Center ein eigenständiges Profil benötigt. Der eine schafft eine gemütliche Atmosphäre nach dem Motto „Klein und niedlich“, der andere macht auf mondäne Weltstadt. Für die Citys ist das schwieriger als für die Einkaufszentren, da bei ihnen meist eine einheitliche Führung mit klarer Ausrichtung fehlt. Einzelhändler sind in der Regel sehr auf sich konzentriert, es fehlt häufig der Wille, gemeinsam zu handeln. Das ist oft eine Ansammlung von Einzelinteressen.
Was entgegnen Sie Einzelhändlern, die sagen, das Centro hat die Oberhausener Innenstadt ausgeblutet?
Remark: Dann würde ich Oberhausener zitieren, die mir gesagt haben, dass die Innenstadt schon vor dem Centro schwächelte – immer mehr sind nach Heißen ins Rhein-Ruhr-Zentrum oder nach Düsseldorf gefahren. Aber natürlich hat das Centro auch mit so erfolgreichen Veranstaltungen wie mit dem Weihnachtsmarkt Kaufkraft aus der City abgezogen. Viele Händler haben diese Auswirkung sogar eher unterschätzt, die dachten, die Leute kommen trotz des Centros so oder so in die City. Zudem haben Hauseigentümer mit Blick auf die Mieten den Fehler gemacht, an Backshops oder Handy-Filialen zu vermieten – damit lockt man Leute nicht in die Innenstadt.
Fühlen Sie sich von der Stadt Oberhausen ausreichend bei Ihren Wünschen fürs Centro unterstützt?
Remark: Wir haben ein gutes Verhältnis und tauschen uns immer wieder aus, ohne direkte Hilfen zu erwarten. Was wir uns wünschen, da kann uns die Stadt leider nicht weiterhelfen: Wir würden uns über mehr verkaufsoffene Sonntage im Jahr freuen – dafür ist aber das Land zuständig.