Oberhausen. Türkische Partnerstadt sagt Treffen mit Verweis auf Bundestagsresolution ab. Oberhausener Politik reagiert mit Unverständnis. Die Linke freut sich.
Oberhausens türkische Partnerstadt Mersin hat das Freundschaftstreffen, zu dem Oberbürgermeister Daniel Schranz vom 15. bis 18. Juni Vertreter aller Partnerkommunen eingeladen hat, abgesagt. Die vom Bundestag verabschiedete Resolution zum Völkermord an den Armeniern ist die offzielle Begründung für die Absage. In Oberhausen stößt sie auf Unverständnis und Bedauern, es gibt aber auch die gegenteilige Meinung.
Appell an die Vernunft der türkischen Kollegen
Ercan Telli, Geschäftsführer des Integrationsrates, findet die Absage „sehr bedauerlich“. Eine Partnerschaft diene eben genau dazu, angeheizte Diskussionen, Schnellreaktionen und Vorurteile zu relativieren. Zudem habe der Bundestag die Resolution beschlossen, nicht Oberhausen. Er wolle am Montag seine Kontakte in Mersin – er hatte die Partnerschaft damals mit aufgebaut – nutzen, um sich mit den türkischen Kollegen auszutauschen, an sie zu appellieren, die Jugendlichen, die zum Jugendaustausch Multi im August erwartet werden, nach Oberhausen reisen zu lassen.
„Wir können die Absage absolut nicht nachvollziehen – eine komplette Überreaktion“, urteilt Wolfgang Große Brömer, Landtagsabgeordneter und Fraktionsvorsitzender der SPD im Stadtrat. „Man kann aus türkischer Sicht sicher über die Resolution streiten. Aber sie wurde ja nicht im Oberhausener Stadtrat gefasst. Solche Partnerschaftskonferenzen sind ja schließlich dazu da, sich über unterschiedliche Standpunkte auseinandersetzen zu können. Schade, dass das jetzt nicht möglich sein wird.“ Die Resolution im Bundestag hält Große Brömer für richtig: „Und die türkische Regierung wäre gut beraten, die Ereignisse von vor 100 Jahren in Ruhe und Sachlichkeit zu diskutieren. Dies sieht auch CDU-Ratsherr Saadettin Tüzün so: „Als ich von der Absage erfuhr, war ich geschockt.“ Daniel Schranz habe mit der Einladung die Beziehungen zu den Partnerstädten wieder intensivieren wollen. „Gerade in einer Zeit, in der die Beziehungen mit der Türkei nicht so gut sind, wären Begegnungen, die Völker einander näher bringen, wichtig.“
Oberhausener Linke sind anderer Meinung
Völlig anderer Meinung ist Yusuf Karacelik, Fraktionschef der Linken: „Wir freuen uns, dass der Oberbürgermeister von Mersin, Burhanettin Kocamaz, nicht kommt.“ Der Grund: „Kocamaz gehört der nationalistischen MHP an, die den Grauen Wölfen nahe steht. Wir waren dagegen, ihn einzuladen, an einem Treffen mit ihm hätten wir nicht teilgenommen.“
Bei den Kommunalwahlen 2014 errang die MHP die Mehrheit der Stimmen in Mersin. An dem seit Jahren bestehenden Jugendaustausch wurde bislang auch nicht gerüttelt. Desbina Kallinikidou, interkulturelle Beauftragte der Stadt, meinte im Vorfeld der Multi, als von einer Absage noch keine Rede war, Kocamaz sei dialogbereit und am Austausch generell interessiert.