Nach dem Umzug in die eigenen vier Wände begann 2016 für die aus dem Kosovo geflüchtete Familie Gashi eigentlich gut: Nesthäkchen Rona hat einen Kindergartenplatz, Sohn Flamur startete seine Ausbildung als Hochbaufacharbeiter, Vater Halil arbeitet seit Februar bei einer Haustechnik-Firma. „Ein besseres Beispiel für gelungene Integration ist wirklich schwer zu finden“, meint Andrea Schreiber, die zuständig ist für die Flüchtlingsarbeit beim Hilfswerk Terres des Hommes in Oberhausen. Sie unterstützt Familie Gashi bei ihrem Vorhaben, dauerhaft in Deutschland zu bleiben.
Ende 2014 flüchtet die Familie nach Deutschland, erneut. Anfang 2015 kommt sie nach Oberhausen, wo sie zunächst in einer Container-Siedlung für Flüchtlinge lebt. Familie Gashi ist zurück in der Stadt, in der sie nicht nur während des Krieges in den 90er Jahren eine Zuflucht fand, sondern in der auch die beiden Kinder Flamur, der 20-jährige Sohn, und Fitore, die 18-jährige Tochter, damals geboren werden. Ein gutes Jahr ist seit ihrer erneuten Ankunft in Oberhausen vergangen. Ein Jahr, in dem die NRZ die Familie immer mal wieder besuchte und sie begleitete – bei all den Veränderungen, den Aufs und Abs.
Dass die viereinhalbjährige Rona nun endlich 25 Stunden pro Woche in den Kindergarten gehen kann, „das ist wirklich gut“, findet Vater Halil Gashi. „Vor allem, damit sie die deutsche Sprache besser lernen kann.“ Klar wäre es schöner, wenn sie in eine Kita in der Nähe gehen könnte und seine Frau Fakete nicht drei Stunden täglich mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sein müsste, um Rona dorthin und zurück zu bringen. „Aber in den drei Kindergräten hier vor Ort, in denen wir sie angemeldet haben, gab es eben keinen Platz.“
Auch Sohn Flamur ist – trotz der ungewohnten körperlichen Anstrengung seiner neuen Tätigkeit – sehr froh über den Ausbildungsplatz. Und Vater Halil findet seine feste Anstellung als Haustechniker einfach „super“, wie er sagt. „Nur habe ich jetzt leider nicht mehr so viel Zeit zum Übersetzen. Das fehlt mir“ – eine Tätigkeit, die er ehrenamtlich ausübt und mit der er Flüchtlingsarbeiter wie Andrea Schreiber bisher unterstützte.
Geduldet – von Monat zu Monat
Und dann gibt es noch eine Neuigkeit: „Meine Tochter Fitore kann in diesem Jahr eine Ausbildung beginnen“, sagt Vater Halil Gashi und strahlt dabei vor Freude. „Ich werde Kinderpflegerin“, sagt die 18-Jährige, die sehr glücklich über diese neue Aufgabe ist. „Nur am Aufenthaltsstatus ändert das große Integrations- und Arbeits-Engagement der Familie leider nichts“, sagt Andrea Schreiber. Jeden Monat müssen die Familienmitglieder ihre Duldungen verlängern. „Nur ich muss – dank meiner Ausbildung – jetzt nur noch alle drei Monate zum Ausländeramt“, sagt der gebürtige Oberhausener Flamur, der für die Duldung allerdings immer einen Urlaubstag nehmen muss. Und auch der feste – wenngleich auf zunächst ein Jahr befristete – Arbeitsvertrag seines Vaters ändert nichts am Status seiner Duldung: Jeden Monat muss Halil Gashi beim Ausländeramt vorstellig werden. Und die Ungewissheit ist dabei ein ständiger Begleiter.
Familie Gashi bleibt aber dennoch voller Hoffnung: „Ich muss positiv denken, ich kann nicht anders“, sagt Halil Gashi. Auch, wenn er weiß, dass es für Kosovaren schwierig ist, als Asylsuchende anerkannt zu werden. „Familie Gashi bekommt viel Unterstützung von Menschen aus Oberhausen“, sagt Andrea Schreiber. „Aber die Familie macht eben auch selber sehr viel. Und viel mehr kann man eigentlich als Flüchtling nicht tun, um anerkannt zu werden und um sich gut in die Gesellschaft zu integrieren.“
Doch mit welcher Perspektive? „Ich denke immer: Wir schaffen das! Wie Frau Merkel es gesagt hat“, sagt Halil Gashi mit einem Lächeln, das kurz darauf wieder erlischt. Denn dann sind sie wieder da, die Fragen: Und wenn nicht? „Jede Nacht reden wir darüber, was passieren könnte, wenn es nicht klappt“, sagt Tochter Fitore. Ja, es bereite ihnen schlaflose Nächte, nicht zu wissen, ob ihr Leben in Oberhausen im nächsten Monat weiter gehe. Und nein, „einen Plan B haben wir nicht“, sagt Vater Halil. „Wie und wo auch?“