Oberhausen. . Wolfgang Tingler war 27 Jahre lang Chef der Feuerwehr in Oberhausen. Jetzt ist er im Ruhestand.

Feuerwehrchef Wolfgang Tingler sitzt am 31. März in seinem großen Büro – leere Regale im Rücken. „Ab morgen bin ich Zivilist, und das ist kein Aprilscherz“, sagt der gebürtige Bremerhavener mit immer noch leicht norddeutschem Akzent. Der Leitender Branddirektor Tingler macht nach 27 Jahren Platz für seinen Nachfolger Gerd Auschrat. Der darf dann die Regale wieder auffüllen.

Wer schafft denn das, 27 Jahre eine Feuerwehr zu leiten? „Nicht viele in Deutschland“, sagt Tingler. Er kennt noch Chefs in Hamm und in Witten mit ähnlich vielen Jahren. Der Diplom-Ingenieur Tingler war nicht nur Chef, er lebte die Feuerwehr. Er wollte immer informiert, immer dabei sein. Manche Oberhausener machten sich schon einen Spaß daraus, wo auch immer sie ein Feuerwehrauto sahen – auch im Urlaub – zu sagen: „Herr Tingler ist wieder im Einsatz.“

Beruf machte viel Spaß

Geht das gut, wenn jemand geht, der so engagiert war, der Stress liebt, der sehr viel gepowert hat, bei dem immer alles schnell gehen musste, dem sein Beruf so viel Spaß machte. Wolfgang Tingler, dessen raue Schale so einen leichten Knacks bekommen hat, sagt: „Vor einem halben Jahr wäre es mir sehr schwer gefallen.“ Dann ein Schicksalschlag. Er wurde ernsthaft krank. „Da habe ich gemerkt, es gibt ein Leben nach der Feuerwehr.“ Aber zum Glück ging alles gut. Seinen 60. Geburtstag feierte der reiselustige Feuerwehrmann schon wieder in Südafrika.

Tingler, der so gern verreist, zog es zunächst in ferne Länder, um von der Arbeit abzuschalten. Dann machte ihm das Reisen viel Spaß. „Und da ist noch meine Jagd nach Bierdosen.“ Er sammelt Dosen, Unikate, aus aller Welt. Kellerbar, Vorflur und Arbeitskeller beherbergen schon 2492 Beutestücke. Tingler, der gerne mit schrägen Geschichten unterhält, erzählt vom Abschiedsgeschenk der Freiwilligen Feuerwehr Süd. Die hatten sich überlegt, ihr Chef habe fünf Kontinente mit 33 Ländern bereist. Er war außerdem 33 Jahre bei der Feuerwehr. Dort hat die Zahl 112 eine besondere Bedeutung. Der Löschzug machte sich zur Aufgabe, aus fünf Kontinenten 112 Bierdosen zu bekommen. „73 von den 112 hatte ich tatsächlich noch nicht“, sagt Tingler. Der Feuerwehrchef reiste nicht nur in ferne Länder, er unterstützte auch den Ausbau des Brandschutzwesens in Marokko, Saporishja oder Mersin.

Auch wenn der nächste Ausflug über den großen Teich in die USA ansteht - mit Besuchen der Nationalparks, wird er die lebensgroße Figur des Florian, des Schutzheiligen der Feuerwehr, in seinem Büro nicht doch vermissen? „Er war hier der einzige, der keine Widerworte gegeben hat“, sinniert der 60-Jährige. Tingler ist keinem fachlichen Streit aus dem Weg gegangen, ärgerte sich, wenn seine Argumente nicht gut genug waren, um Verbesserungen für die Feuerwehr zu erstreiten. Vielleicht glaubt er deshalb vom stummen Florian: „Er wird mich vermissen.“