Oberhausen. . Die Folgen der Niedrigzinspolitik für Oberhausener Bürger seien verheerend, warnt die Stadtsparkasse. Vorstand spricht von “Enteignung der Sparer“.
Die Stadtsparkasse Oberhausen fordert alle politischen Ebenen auf, den Druck auf die Europäische Zentralbank (EZB) zu erhöhen, die anhaltende Niedrigzinspolitik zu beenden. Die langfristigen Folgen für Bürger seien verheerend; eine positive Wirkung auf Konjunktur und Schuldenlast der Staaten nicht zu spüren.
„Das kommt einer Enteignung unserer Sparer gleich“, sagt Sparkassenvorstandschef Bernhard Uppenkamp bei der Vorstellung der Jahresbilanz 2015. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete die Sparkasse einen im Vergleich zu den Vorjahren guten Gewinn von 2,3 Millionen Euro. „Wir spüren schon jetzt: Die Motivation der Menschen, fürs Alter zu sparen, sinkt; die jungen Leute sparen deutlich weniger.“ Ältere Sparkassenkunden, die gehofft hatten, von Zinsen ihres Ersparten leben zu können, müssten jetzt knausern.
Für vermögende Kunden könnte es noch schlimmer kommen
Doch es könnte vor allem für vermögende Kunden in den nächsten Jahren noch schlimmer kommen. „Wir können Negativzinsen in Zukunft auch für Privatkunden nicht mehr ausschließen – und Schuld daran ist alleine die Zinspolitik der EZB“, sagt Uppenkamp. Zu befürchten sei ein Dominoeffekt, weil die EZB seit einiger Zeit Banken für hinterlegte Gelder Strafzinsen berechnet.
Nach Angaben seines Vorstandskollegen Thomas Gäng hat die Sparkasse bisher zwar selbst noch keine Strafzinsen an die EZB zahlen müssen. Doch: „Das droht uns in Kürze.“ Man würde alles daran setzen, diesen Aufwand nicht an Kunden weiterzuleiten, aber die Spielräume, Kosten beim Personal zu drücken oder mehr Gebühren für Bankdienste zu nehmen, seien begrenzt.
"Wir fangen nicht bei Lieschen Müller an"
Sparkassen-Vorstand Oliver Mebus versucht, Normalsparer zu beruhigen. „Bei Negativzinsen reden wir über Großkunden, wir fangen nicht bei Lieschen Müller an.“ Kommt ein neuer Großkunde mit zweistelligen Millionenbeträgen an Sparanlagen, sei man aber schon jetzt darüber nicht mehr begeistert. „Weil andere Banken schon Strafzinsen für hohe Geldbeträge nehmen, klopft man auch bei uns an.“ Man weise diese Kunden zwar nicht zurück, aber vereinbare mit ihnen Verträge, die Strafzinsen in Zukunft erlaubten.
Uppenkamp rät Bürgern trotz der miesen Zinslage, auch künftig zu sparen. „Es gilt weiter: Dann hat man was in der Not. Und bei uns ist das Geld sicher.“
Zufrieden mit dem Geschäftsjahr 2015
Bernhard Uppenkamp, seit 2013 Vorsitzender der Stadtsparkasse Oberhausen, hat nicht nur ein sonniges Gemüt, sondern liebt Naturvergleiche, wenn er die Lage des „einzigen selbstständigen Kreditinstituts und Marktführers in Oberhausen“ beschreibt. „Uns scheint die Sonne ins Gesicht, aber wir sehen dicke Wolken am Firmament.“
Uppenkamp ist mit seinen Kollegen Thomas Gäng und Oliver Mebus sichtbar stolz, die Sparkasse mit der leicht auf 2,3 Milliarden Euro gesunkenen Bilanzsumme schrittweise aus ihrer tiefen Krise der Jahre seit 2011 geführt zu haben.
Im Vergleich zum Vorjahr ein mit 2,3 Millionen Euro mehr als doppelt so hoher Bilanzgewinn, seit 2011 steigende Spareinlagen von Kunden (auf 1,68 Milliarden Euro), seit 2011 immer mehr ausgegebene Kredite (1,71 Milliarden Euro) und eine auf 97 150 gekletterte Zahl an Konten. Auch die Kreditvergabe für Investitionen an die lokale Wirtschaft zog an: Von 86 auf 96 Millionen Euro. Und das Geldinstitut ist wieder einer der größten Gewerbesteuerzahler der Stadt: 1,9 Millionen Euro – das ist mehr als doppelt so viel wie im Vorjahr.
„Wir sind wieder da, wo wir herkommen“
Das Beste bewahrt sich Risiko-Vorstand Thomas Gäng fast bis zum Schluss der Bilanz-Pressekonferenz auf: „Wir mussten keinen einzigen Cent extra für die Risikovorsorge zurücklegen.“ Im Gegensatz zu den Jahren 2011 bis 2014 als der Ausfall dicker Kredite zweistellige Millionen-Abschreibungen nötig machte.
Daher lautet das Fazit des dreiköpfigen Vorstandsteams Uppenkamp, Gäng und Oliver Mebus: „Wir sind wieder da wo wir herkommen, wir sind zu alter Stärke zurückgekehrt.“ Das Konzept: Kein risikoreicher Firlefanz mehr, sondern eine bodenständige, einfache und sichere Sparkasse sein.
Uppenkamp hält es sogar für möglich, dass die Sparkasse nach vielen Jahren Flaute im nächsten Jahr wieder Geld an die Stadt selbst ausschütten kann – eine Million Euro sind anvisiert.
Doch das wird sehr, sehr schwer: Weil die Niedrigzinsphase so lange andauert, kann man mit dem Einholen von Spargeld und der Ausgabe von Krediten kaum noch Geld verdienen: „Die aktuelle Nullzinsphase bedroht unser Geschäftsmodell“, sagt Uppenkamp. Der Vorstand arbeitet deshalb an einem Fünf-Jahres-Plan, um sich auf zunehmende Widrigkeiten, sprich: Wolken, einzustellen. Die 430 Vollzeit-Stellen sollen weiter abgebaut werden – ohne betriebsbedingte Kündigungen.
In der Welt, in der Spargeld keine Zinsen mehr bringt, müssen sich Bankkunden darauf einstellen, dass der Service der Institute höhere Gebühren kosten wird. „Bankdienste werden bei allen Instituten teurer werden“, prophezeit Mebus.