Oberhausen. . Auch Lisbeth Jansen verteilte illegale Schriften. Von ihrer Vergangenheit als Kämpferin gegen das Naziregime wussten nur wenige.
Den Internationalen Frauentag am heutigen Dienstag nutzen wir, um unsere Reihe über Widerstandskämpferinnen aus Oberhausen abzuschließen. Dieser vierte Teil ist einer Frau gewidmet, über die bislang niemals ein öffentliches Wort fiel: Lisbeth Jansen.
Ihre Geschichte verdanken wir Klaus Oberschewen. Der Vorsitzende des Historischen Vereins Oberhausen-Ost hatte Lisbeth Jansen in den 1980er Jahren in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes kennengelernt. „Da wir fast Nachbarn waren, fuhren wir gemeinsam zu den Sitzungen.“ Was für eine mutige Frau neben ihm auf dem Beifahrersitz saß, ahnte Oberschewen damals aber noch nicht.
„Eines Tages jedoch bat mich Lisbeth um einen Gefallen“, erinnert sich Oberschewen noch gut. Sie wollte nach Elten an die holländische Grenze fahren, um noch einmal alte Bekannte zu treffen. „Ich ließ mich überreden und lernte ein etwa 80-jähriges Ehepaar kennen.“ Der Mann war früher bei der Reichsbahn beschäftigt. Oberschewen, der einen gemütlichen Kaffeeklatsch erwartet hatte, glaubte schon bald, seinen Ohren nicht zu trauen. „Statt über Jugenderinnerungen wurde über Info-Material und illegale Zeitungen, die mit dem Zug von Elten ins Ruhrgebiet zu Lisbeth und ihrem Mann Peter geschmuggelt wurden, geplaudert.“
Oberschewen wusste: „Viele illegale Schriften kamen zur Zeit des Naziregimes aus Holland, etwa aus Venlo oder Kaldenkirchen oder mit der Reichsbahn aus Arnheim.“ Umgekehrt gelangten Nachrichten von der Ruhr auf diesen Wegen auch zu den Auslandsleitungen der Arbeiterparteien und Gewerkschaften. „Franz Vogt und Wilhelm Knöchel etwa warteten in Amsterdam auf Infos für ihren ,Friedenskämpfer’, eine parteiübergreifende Schrift für alle Hitlergegner.“
Besuch bei alten Bekannten
In einer Studie habe die Historikerin Beatrix Herlemann auch die Tätigkeit Oberhausener Arbeiter wie Thomas Tabaschowski, August Zilian, Georg Zinn, Vincent Ratay, Franz Dieveling und Fritz Kamleiter für den „Friedenskämpfer“ gewürdigt. „Für die Ausgabe Februar 1943 kamen zum Beispiel Informationen über Solidaritätsaktionen mit Zwangsarbeitern aus Oberhausen nach Holland“, weiß Oberschewen zu berichten.
Die Züge seien häufig von der Gestapo (Geheime Staatspolizei) durchsucht worden. „Aber gefunden haben sie nie etwas“, hatte ihm Lisbeth Jansen stolz erzählt. Und so war es Verrat, der 1933 zur Verhaftung von Peter Jansen führen sollte. „Über diese Zeit, über die Verwüstung der Wohnung, seine Verschleppung ins Moorlager nach Börgermoor und das Konzentrationslager Sachsenhausen gab Lisbeth in vielen Gesprächen nur sparsam Auskunft.“ Beweise für den Vorwurf „Vorbereitung zum Hochverrat“ hatte die Gestapo aber nie finden können. Darauf waren Lisbeth Jansen und ihre Freunde aus Elten sehr stolz.
Den Kampf gegen die Nazis habe Lisbeth Jansen auch nach Kriegsende fortgeführt. „In die Oberhausener Lokalpolitik hatten sich nach 1945 viele alte Nazis neu in Position gebracht.“ Ein bekanntes Beispiel sei der Versuch des Oberhausener Nazi-Oberbürgermeisters (1940 – 1942) Dr. Bernhard Legge, in der Nachkriegszeit für die FDP zu kandidieren. „Durch einen engagierten Auftrag der damaligen SPD-Fraktion unter Willi Meinecke wurde dieses Vorhaben aber bekannt gemacht und damit vereitelt“, erzählt Oberschewen.
Genaue Daten konnte Oberschewen nicht ermitteln. Nur so viel: Lisbeth Jansen starb Mitte der 1990er Jahre mit fast 90 Jahren in ihrem geliebten Oberhausen.
Klaus Oberschewen – Mahner gegen das Vergessen
Gut 30 Jahre war Klaus Oberschewen für die Volkshochschule Oberhausen tätig. Zuletzt als Fachbereichsleiter Gesundheit, Kultur, Kreativität, Ökologie. Aufgewachsen ist er in Recklinghausen. Heute lebt er in Sterkrade.
1971 absolvierte er das Abitur am Overberg-Kolleg in Münster. An der Ruhr-Universität Bochum studierte er Geschichte, Germanistik und Sozialwissenschaften.
Zunächst als Aushilfslehrer tätig, wechselte er 1984 zur Stadt Oberhausen. Seit seinem Ruhestand 2014 intensiviert er seine Bemühungen, die Erinnerung an die Verbrechen der Nazi-Zeit und an Menschen, die sich dagegen zur Wehr setzten, wach zu halten.