Oberhausen. . Eltern in Oberhausen reagieren auf unseren Bericht zum Thema Unterrichtsausfall. Schulleiter: Software an Schulen für Erhebung vorhanden.

„Mutter: Zu viele Stunden fallen weg“, lautete die Schlagzeile, unter der wir Ende Januar über das Thema Unterrichtsausfall berichteten. Wir baten Eltern, Schüler, Lehrer in Oberhausen, uns von ihren Erfahrungen zu berichten. Es kamen Reaktionen. Deutlich wurde, wie sehr Betroffene scheuen, sich öffentlich mit ihrem Namen zu äußern, weil sie sonst – ob zu Recht oder Unrecht, sei dahingestellt – Nachteile für ihre Kinder an den jeweiligen Schulen befürchten.

Deutlich wurde aber auch, dass das Thema Eltern auf den Nägeln brennt – und ab einem gewissen Punkt auch für Schüler nicht mehr die reine Freude ist.

So schreibt uns ein Vater aus seiner subjektiven Sicht: „Wie kommen die ständigen Unterrichtsausfälle bei Oberstufenschülern an? Erstmal sehr gut, wer hat nicht gerne mal eine Freistunde? Aber bei drei Freistunden hintereinander kommt auch eine mäßig motivierte Sechzehnjährige ans Nachdenken, ob das alles so richtig sein kann und wozu sie sich am Morgen überhaupt aus dem Bett gequält hat, wenn’s in dem Bau für sie nichts zu tun gibt. ‘Selbstlernzentrum’ ist eine hohle Phrase, Freistunden werden vergammelt, es gibt keinerlei Anleitung oder Anregung zum Selberlernen.“

Wie viel Unterricht fällt denn nun aus?

Ein anderer Vater ärgert sich: „Immer, wenn ich aus irgendwelchen Gründen mal in der Schule bin, sieht man auf dem Vertretungsmonitor viele Stunden, die nicht wie im Stundenplan geplant stattfinden, sondern durch Verschiebungen oder Vertretungen ersetzt werden.“ Weiter schreibt der Oberhausener in seinem Brief an die Redaktion: „Wenn ich dann lese, dass laut Frau Löhrmann als Vertreterin der Landesregierung nur 1,7 Prozent des Unterrichts ausfallen, kann ich nur sagen, dass es in den anderen Schulen gut aussehen muss, denn den Ausfall für die durchschnittlich 1,7 Prozent schaffen wir schon ganz alleine.“

Wie viel Unterricht fällt denn nun aus – nicht nur in Oberhausen, sondern auch im Land? Elternverbände, Lehrergewerkschaften oder die Opposition im Landtag fordern schon lange eine schulscharfe Zählung, doch die Landesregierung will auch 2016 lediglich eine Stichprobenerhebung zum Unterrichtsausfall vornehmen. Begründung: Eine genaue statistische Erfassung wäre zu aufwendig, teuer und würde Hunderte Lehrerstellen kosten.

Auf Knopfdruck

„Ich kann auf Knopfdruck den monatlichen Ausfall darstellen“, sagt dagegen Marc Bücker, Leiter des Oberhausener Hans-Sachs-Berufskollegs. Jede größere Schule habe und benutze eine solche Software, mit der die Ausfälle aufgeschlüsselt nach Grund für den Ausfall, Vertretung, Betreuung oder tatsächlichem Ausfall erfasst würden.

Diese Statistik werde monatlich an die Bezirksregierung geschickt. „15 Prozent der Stunden fallen per se aus, auch wenn alle da sind“, sagt Bücker. „Der Grund: Weil wir zu wenig Lehrer haben und die Stellen nicht besetzt bekommen.“ Es koste keine 700 Lehrerstellen, den Unterrichtsaufall zu erheben, „es kostet maximal das Programm“, meint Schulleiter Bücker.

„Der einzige Grund, warum hierüber keine verlässliche Statistik existiert, kann nur daran liegen, dass es nicht gewünscht ist“, schlussfolgert Andrea-Cora Walther, die für die Bürgerliste im Oberhausener Stadtrat sitzt. Sie habe bei der Bezirksregierung nach statistischen Daten für Unterrichtsausfall in Oberhausen gefragt und überrascht zur Kenntnis nehmen müssen, dass es diese Daten nicht gebe.

„In einem solch hochtechnisierten Land soll es nicht möglich sein festzuhalten, wie viele Unterrichtsstunden aufgeschlüsselt nach Fächern und Schule ausfallen“, zweifelt Walther. Die Oberhausener Ratsfrau meint jedoch: „Das ist nicht den Schulleitungen vor Ort anzulasten, sondern einer verfehlten Bildungspolitik des Landes, die diesen Skandal wortreich deckt und bestätigt, dass sich nichts ändern wird.“

Ressourcen-Verschwendung

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in Oberhausen (GEW) fordert jedenfalls nach wie vor eine Vertretungsreserve für die Schulen. „Die Aufgabe der Schule – ständig selbst nach Vertretungskräften suchen zu müssen – verbraucht unnötig Ressourcen“, ist Friederike Deeg vom Oberhausener Vorstandsteam überzeugt. Vertretungsunterricht, der fachfremd erteilt werde, oder Selbstlernzentren ersetzten eben qualitativ nicht den ursprünglichen Unterricht.