Oberhausen. Der Oberhausener Reinold Stach quälte sich Jahre mit einer schweren Depression, erst dann konnte ihm in der Klinik für Psychiatrie geholfen werden.

Reinhold Stach (77) war ein Mann, der immer mit beiden Beinen fest im Leben stand. Als Lokführer übte er einen anstrengenden Beruf mit viel Verantwortung aus. Auch nach seiner Pensionierung hatte der Oberhausener genug zu tun. „Ich habe Rassekaninchen gezüchtet, und wir haben ein Fünf-Familien-Haus“, erzählt er. Doch dann, ganz leise und mit vielen kleinen Schritten, schlich sich etwas in das Leben des Mannes mit dem festen Händedruck, das ihn hilf- und wehrlos machte. Reinhold Stach wurde krank. Er bekam eine schwere Depression.

Nach sieben Jahren zum Teil unvorstellbaren Leids geht es ihm jetzt wieder gut. Nachdem er in der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Johanniter Krankenhaus Oberhausen behandelt wurde. Jetzt möchte Stach seine Geschichte erzählen, um anderen Betroffenen Mut zu machen, sich Hilfe zu suchen.

Jeder Antrieb fehlte

Sein eigenes Leben veränderte die Depression dramatisch. „40 Jahre habe ich Kaninchen gezüchtet, dann hatte ich das Gefühl, das schaffe ich nicht mehr“, sagt Stach. Er schaffte es auch nicht mehr, sich um das Haus zu kümmern. Frau und Tochter übernahmen die Aufgaben. „Mir fehlte jeder Antrieb, ich war müde, hatte zu nichts Lust“, schildert er seinen Zustand. Er konnte nicht mal mehr Auto fahren. „Ich konnte mich nicht konzentrieren, meine Gedanken gingen immer rund und rund“, erinnert sich Stach. Meist lag er einfach im Bett und rührte sich nicht.

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„Leute sagten zu mir ‘Denk doch positiv’, ich habe dann zurückgefragt, ‘Was ist positives Denken’?“ Der Oberhausener sagt: „Ich wusste nicht mehr, wie das ist, positiv zu denken.“ Wenn ihm jemand sagte, es wird alles wieder gut, war bei ihm das Gefühl da, es wird nie wieder gut. „Ich habe mich total überflüssig gefühlt und wertlos“, schildert er eine für depressive Menschen typische Selbsteinschätzung. „Hätte ich noch gearbeitet, die hätten mich weggejagt“, ist er überzeugt.

Reinhold Stach war da an einem lebensgefährlichen Punkt angelangt. Vermeintlich überflüssig und wertlos für die Gesellschaft, womöglich für die Angehörigen in seiner Einschätzung nur noch eine Last denkt er völlig verzweifelt an Suizid. Der ehemalige Lokführer plant, sich vor einen Zug zu werfen. „Aber dann habe ich an Robert Enke gedacht, der einen Lokführer so in Mitleidenschaft gezogen hat, da habe ich es nicht getan“, sagt Stach. In seiner schlimmsten Not half dem Kranken sein Glaube ein wenig. „Meine Maxime war immer ‘Der Mensch denkt, Gott lenkt’“, sagt Stach. Gott würde für ihn noch einen Weg finden, glaubte er.

Einweisung in die Klinik

Reinhold Stachs steiniger Weg führte durch sieben Jahre seines Lebens. Mal ging es ihm besser, mal schlechter. Seine Frau versuchte, Hilfe zu finden, was schwierig war. Schließlich schrieb ihm sein Hausarzt eine Einweisung für die Klinik. „Aber der Arzt dort hielt eine ambulante Behandlung für möglich und schickte mich zurück“, sagt der 77-Jährige. Als die Depression zwei Wochen später so stark ausgeprägt war, dass er gar nicht mehr aufstand, rief die Frau den Notarzt. Reinhold Stach wurde in die Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Johanniter Krankenhauses eingeliefert.

Über seine Zeit in der Klinik erzählt Reinhold Stach: „Dort habe ich zunächst ein Medikament bekommen, das mich manisch machte.“ Er habe dann allerhand Quatsch gemacht. „Die Kumpel, die ich in dieser Zeit anrief, hielten mich für verrückt, sie wandten sich von mir ab“, sagt Stach. Die Arznei wurde abgesetzt, ein weiteres Antidepressivum ausprobiert. Reinhold Stach hatte Glück. Es wirkte. Stach blieb 19 Wochen in der Klinik. Er erzählt von der Gruppe, „in der man sich alles von der Seele reden konnte“. Dort stellte er fest, dass er in seinem Leben immer zurückgesteckt hatte. Vielleicht einer von vielen Meilensteinen auf dem Weg in die Krankheit. Er sagt gelassen: „Ich habe immer zugepackt, heute kann ich loslassen.“ Der 77-Jährige freut sich: „Ich fahre in Urlaub.“ Zwei Mal hat er Ferien wegen der Krankheit abblasen müssen. In ärztlicher Behandlung ist Stach weiterhin. Er lebt mit der beruhigenden Gewissheit: „Wenn es Probleme gibt, kann ich mich jederzeit in der Klinik melden.“