Oberhausen.. Es trifft in Oberhausen Vogelzüchter oder das Tiergehege. Im gesamten Revier werden sogar die Zoos bestohlen.

Die Diebe kamen in der Nacht. Am nächsten Tag erhielt Bünyamin Sahin einen Anruf von einem Nachbarn: „Deine Vögel sind alle weg.“ Sahin sagt: „Ich habe das für einen Scherz gehalten.“ Aber als der Ingenieur, der bei Thyssen arbeitet, zu seiner Anlage an der Lützowstraße rausfuhr, erwarteten ihn dort leere Käfige und Volieren. 450 Tiere hatten die Diebe mitgenommen, nur wenige blieben zurück. „Sie haben mein Lebenswerk zerstört“, sagt Sahin, der seine Tiere auf bestimmte Eigenschaften hin gezüchtet hat.

So etwas ist nicht zu versichern

Und so sind die rund 30.000 Euro Sachschaden vielleicht längst nicht so schlimm wie der ideelle Verlust. Wobei es auch nicht möglich sei, so etwas zu versichern, wie Sahin sagt. Er steht bedrückt zwischen den leeren Käfigen, in denen seine Vogelpaare gerade mit der Brut begonnen hatten. „Sie haben die Tiere von den Eiern gerissen“, sagt er fassungslos. Jetzt hat er schnell 60 Kanarienvögel gekauft, die als Ammen fungieren sollen.

In einem Käfig hüpft ein Mehringer-Mädchen, ein Kanarienvogel mit lockigen Federn, unruhig hin und her. Ihren Mann hat man ihr entrissen. Sie blieb allein zurück. Mehringer hat Sahin gezüchtet, viele Gloster, die Kanarien mit den Beatles-Frisuren, Stiglitz Major Mutationen, von denen ein Tier 300 Euro kostet, oder Farbkanarien. Sahin zieht sein Handy aus der Tasche und zeigt seine Lieblinge, an denen sein Herz gehangen hat. Fort sind sie, alle fort.

Keine Hinweise auf die Täter

Dabei liegt seine Anlage so versteckt, dass niemand von ihr wissen konnte. „Aber vor drei Wochen ist bei mir schon mal eingebrochen worden, da wurde Werkzeug gestohlen.“

Eingebrochen wurde nicht nur bei ihm. Einem weiteren Kanarienvogel-Züchter in Oberhausen wurden erst kürzlich seine Tiere gestohlen. Und im Sommer des vergangenen Jahres brachen unbekannte Täter in das Tiergehege am Kaisergarten ein und nahmen alle 15 Landschildkröten einfach mit. Darunter war ein mehr als 90 Jahre altes Tier.

Der Kanarienvogelzüchter Sahin schätzt, dass seine Tiere irgendwo ist Osteuropa landen werden. Er geht von zwei Tätern aus, die die Tiere systematisch in Boxen packten. Im Dunkeln, nur mit einer Notbeleuchtung, hätten sich die Vögel leicht packen lassen.

Organisiertes Vorgehen liegt nahe

Leichter jedenfalls als die Einbrecher zu fassen sind. „Wir haben keinen Hinweis auf die Täter oder eine Tätergruppe“, bedauert Polizeisprecher Tom Litges. Ein organisiertes Vorgehen liege aber nahe. Klar, welcher Einbrecher würde spontan mal eben so 450 Vögel einpacken? Tierdiebstähle dieser Art beobachtet die Polizei erst seit 2015. „Wir wissen aber nicht, ob es vorher vielleicht nur nicht angezeigt wurde“, sagt Litges.

Der Kanarienvogel-Züchter Bünyamin Sahin, dem fast alle seine Tiere gestohlen wurden, erzählt auch von den sechs Mönchengladbacher Taubenzüchtern. Denen wurden am Wochenende ebenfalls 450 Rassetiere aus einer Anlage gestohlen. Überhaupt sind im gesamten Revier Tierdiebe unterwegs.

In Essen versuchte im vergangenen Jahr ein 24-Jähriger, Enten aus einem Teich zu stehlen. Die Polizei vereitelte das Vorhaben. Weniger Glück hatten zwei Alpaka-Züchter in Hünxe. Bei ihnen verschwanden Tiere von der Weide. Und es traf nicht nur die kleinen Tierhalter, sondern auch Zoos des Reviers. „Die Beschaffungskriminalität hat die deutschen Zoos erreicht und nimmt dramatisch zu“, sagt Krefelds Zoodirektor Wolfgang Dreßen dazu in der SZ. Er geht davon aus, dass die Tiere auf Bestellung gestohlen werden. Dortmunds Zoodirektor Frank Brandstätter erklärt: „So etwas gab es noch nie, nicht bei uns und auch nicht in anderen Zoos.“