Oberhausen. 50 Flüchtlinge in der evangelischen Kirche an der Kempkenstraße: Beim Informationsabend von Kirche und Stadtverwaltung kamen auch Ängste zur Sprache.

Drangvolle Enge am Dienstagabend im evangelischen Gemeindehaus an der Forststraße. Über 300 An­wohner waren gekommen, um sich über die kurzfristige Entscheidung der Stadt zu informieren, vorübergehend 50 Flüchtlinge in der Kirche an der Kempkenstraße aufzunehmen. Viel Applaus gab es dabei für die Redner, die sich von den Verantwortlichen von Kirche und Stadt überrumpelt fühlen. Noch größer war aber der Applaus für jene Stimmen, die auf die Notsituation hinwiesen und an die Hilfsbereitschaft appellierten.

Gleich zu Beginn bedankte sich Sozialdezernentin Elke Münich bei der Kirchengemeinde dafür, das Gebäude benutzen zu können und sagte: „Wir machen das ja nicht, um jemanden zu ärgern oder um Unruhe zu stiften.“ Pfarrerin Stephanie Züchner entschuldigte sich für das entscheidende Presbyterium der Gemeinde dafür, mit den Nachbarn nicht vorab gesprochen zu haben. Aber am Ende hätten sich die Ereignisse überschlagen.

Interessengemeinschaft gebildet

Der Gedanke, die Kirche für das Winterhalbjahr freizugeben, sei im September aufgekommen. „Das Presbyterium hat entschieden: Ehe die Menschen im Winter in Zelten un­terkommen, lassen wir sie in die Kirche.“ Aber bei der Stadt habe man sich mit dem Angebot zweimal eine Absage eingehandelt, zuletzt am 20. Oktober. Es gebe ja keine Toiletten und keine Küche, habe es geheißen. Am 26. Oktober sei Frank Bohnes, Leiter des Bereichs Soziales, dann überraschend darauf eingegangen. So soll jetzt ein Toilettencontainer für Abhilfe sorgen.

Bohnes betonte am Dienstag, man benötige die Kirche, bis die drei im Bau befindlichen Flüchtlingsquartiere an Ruhrorter Straße, Kapellenstraße und Duisburger Straße fertig seien, etwa im Februar.

Die Nachbarn haben sich unterdessen zu ei­ner Interessengemeinschaft zusammengeschlossen. Ihr Sprecher distanzierte sich von fremdenfeindlichen Positionen, erklärte aber, mit ihrer miserablen Informationspolitik (die Veranstaltung wurde noch kurzfristig von der Kirche ins Gemeindehaus verlegt) habe die Gemeinde vielen Menschen vor den Kopf gestoßen.

Schutz der Flüchtlinge

Dann kamen Ängste der Anwohner zur Sprache: „Wird es weiteren Nachzug geben?“ „Gibt es rund um die Uhr einen Sicherheitsdienst zum Schutz der Nachbarn?“ Für den Fall, dass nur Männer dort einquartiert werden, besteht Sorge um die Frauen in der Umgebung.

Frank Bohnes wunderte sich über solche Befürchtungen. Es gebe keinerlei Anlass, auch tagsüber Sicherheitsleute einzusetzen. In den Nachtstunden seien sie hauptsächlich zum Schutz der Flüchtlinge da. Mehr als 50 Personen könne die Kirche auch nicht aufnehmen.

„Verdient die Kirche auch noch an der Vermietung?“, wollte jemand wissen. Und: „Warum wurde das zum Verkauf anstehende Gemeindezentrum in Königshardt nicht ausgewählt, wo es doch über Küche und Sanitäranlagen verfügt?“

„Symbolische Miete“

Dazu erklärte Pfarrerin Züchner, die „symbolische Miete“ von der Stadt (500 Euro kalt im Monat) werde an die Flüchtlings-Initiative „Bunter Oberhausener Norden“ weitergegeben. Gelächter erntete ihr Argument, man stehe in Königshardt vor Vertragsabschluss mit einem Käufer. Daher habe man die Gebäude dort nicht anbieten können. Eine Anwohnerin appellierte an ihre kritischen Nachbarn, ihre Energie darauf zu verwenden, den Flüchtlingen ihr bescheidenes Dasein an der Kempkenstraße erträglicher zu machen und zum Beispiel Fußball mit ihnen zu spielen. „In wenigen Tagen zieht Sankt Martin, der, der mit dem Armen seinen Mantel geteilt hat, durch die Straßen. Wenn nicht die Kirche, wer soll dann noch zum Teilen bereit sein?“, fragte sie unter großem Applaus.

Superintendent Joachim Deterding entkräftete auch noch merkwürdige Gerüchte: Das Kreuz in der Kirche sei nicht wegen der muslimischen Flüchtlinge abgenommen worden, sondern nur kurz, um neue Sicherheitshaken dafür an der Wand zu befestigen. Das Kreuz bleibe natürlich in der Kirche hängen.