Es ist etwas, was oft in der Masse an Bildern übersehen wird: Unter den Flüchtlingen, die derzeit in Deutschland ankommen, befinden sich zahlreiche Kinder und Jugendliche, die ohne Begleitung unterwegs sind. Weil ihre Eltern durch Krieg, Schikane und Übergriffen in ihren Heimatländern nicht mehr leben, oder im unübersichtlichen Getümmel der Flucht verloren gegangen sind.

In den Räumen der Erziehungshilfe Löwenzahn an der Falkensteinstraße informierten neben Löwenzahn auch die Caritas und Vertreter des Jugendamtes, wie hiesige Familien Hilfe leisten und so einen Schritt weiter gehen können, als aufmunternde Worte es vermögen. Ein Schritt, der nicht aus einer heraus Laune geboren wird: Es ging darum, ein Flüchtlingskind in der eigenen Familie aufzunehmen.

Kulturelle Unterschiede beachten

40 Eltern horchen an diesem Samstagmorgen den Vorträgen. Es ist eine große Zahl für den kleinen Raum, auf der Leinwand leuchten Schriftzüge und Zahlen auf. Doch was mehr zählt, sind die Worte der Referenten. „Mehr als die Hälfte der Leute, die gekommen sind, haben schon Erfahrung mit der Aufnahme eines Kindes gesammelt“, sagt Uschi Sieweke von der Caritas und Löwenzahn-Geschäftsführerin Corinna Hops stimmt ihr zu. Im Prozedere ein Flüchtlingskind aufzunehmen, gibt es zum Vergleich zu einem Kind aus Deutschland wenig Unterschiede — dennoch gibt es Maßgebliches, was gesonderte Sorgfalt erfordert.

Emetli Gökhan vom Jugendamt ist spezialisiert auf Fragen rund um unbegleitete minderjährige Ausländer. Neben einer Gesundheitsprüfung sowie der Vorlage des polizeilichen Führungszeugnisses steht für die aufnehmenden Familien auch eine Betreuungsqualifikation an. „Die Familien werden vorbereitet, bei Fragen, die vorab entstehen, aber auch während der Aufnahme.“ Vor allem kulturelle Unterschiede gilt es zu meistern, solche fangen oft bei der Ernährung an. „Viele Kinder und Jugendliche kommen mit einem Trauma in Deutschland an, durch das, was sie erleben mussten“, sagt Corinna Hops. Die Fachkräfte berichten, dass sich ein mögliches Trauma oft erst später äußert. „Die Erfahrungen kennen wir aus dem Balkankrieg. Zunächst ist alles neu, wenn die Neuankömmlinge aber zur Ruhe kommen, kann sich ein Trauma sehr plötzlich äußern.“ Die Betroffenen nehmen sich nicht mehr wahr, gleiten in schwere depressive Phasen ab. Auch äußere Einflüsse könnten dies verstärken. „Es kann das Wasser in einem Schwimmbad sein“, sagt Emetli Gökhan. „Wenn es an die Flucht in schmalen Booten und das Kentern mit Verlust und Tod erinnert.“

Gabi Kinzius gehörte zu den Zuhörern. Sie hat bereits Kinder aufgenommen und fühlt sich bestärkt. „Dass wir etwas tun, ist uns wichtig“, sagt die 47-Jährige. Sie hat aus einem Rundschreiben der Caritas vom Informationstag erfahren. „Den Kindern muss genügend Zeit gewidmet werden.“ Ein Punkt, den auch Corinna Hops und Uschi Sieweke unterstreichen: Eine Betreuung neben einer beidseitigen Berufstätigkeit sei nicht möglich.

In Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes seien Kinder zunächst nicht schulpflichtig, dies ändere sich, wenn sie einer Stadt zugeteilt worden sind. Zudem prüfe das Amt, ob Verwandte der Kinder ermittelt werden können.