Oberhausen. . 2060 Asylsuchende leben derzeit in der Stadt. Bis Jahresende fehlen der Stadt bis zu 600 Plätze zur Unterbringung. Nun geht es in die Turnhalle an der Landwehr

Der anhaltende Flüchtlingsstrom bringt weite Teile der Stadtverwaltung und viele Ehrenamtliche zunehmend an die Belastungsgrenze. Zusätzlich zu den erst am Mittwoch angekommenen 107 Asylsuchenden hat das Land nochmals 299 Flüchtlinge in Kürze erwartet.

Mitarbeiter des Sozialamts klagen über mangelndes Personal, Überlastung und zahlreiche Überstunden, das Gesundheitsamt kommt mit den Untersuchungen der Flüchtlingskinder kaum hinterher, und die städtischen Immobilienfachleute prüfen ein Gebäude nach dem nächsten als potenzielle Unterkunft für Asylsuchende. Eine Vielzahl von Arbeitskreisen wurde eingerichtet, in denen es um Gesundheit, Ehrenamt und akute Probleme geht. An den Flüchtlingsheimen Weierstraße (Sterkrade) und Bahnstraße (Holten) arbeiten nun sogar Sicherheitsdienste – sie sollen fehlendes Personal beim haustechnischen Dienst ausgleichen, heißt es aus dem Rathaus.

Spenden sorgen für Probleme

„Wir sind im Dauerkrisenmodus“, sagte Fachbereichsleiter Andreas Beulshausen geradeheraus im Sozialausschuss.

Auch die von vielen gelobte, überwältigende Welle der Hilfsbereitschaft sorgt für Probleme: Kleiderkammern sind voll bis zur Decke, weil Spenden zum Teil unkoordiniert abgegeben werden. Ehrenamtliche beklagen, es fehle eine Liste mit Ansprechpartnern und Klarheit über akut zu deckende Engpässe.

Sozialdezernentin Elke Münich gestand im Ausschuss, gar nicht zu wissen, wie viele Kleiderkammern es überhaupt gebe. „Es gibt Initiativen, die frei in der Stadt agieren.“ Hans-Otto Runkler (FDP) meinte: „Man muss den Menschen ehrlich sagen, was hilft und was nicht.“ Es könne nicht sein, dass manch einer nur seinen Kleiderschrank ausmisten.

54 weitere Flüchtlinge am Freitag erwartet

Aktuell leben in Oberhausen rund 2060 Flüchtlinge. Noch am heutigen Freitag werden 54 Asyl­suchende erwartet, die untergebracht, versorgt und betreut werden sollen.

Weil Personal fehlt, wirbt die Stadt im Rathaus, aber auch außerhalb der Stadtverwaltung um neue Kräfte. Bis Oktober bereichern fünf neue Mitarbeiter das Team Sozialarbeit, das in diesem Jahr mit 5,5 Stellen eingerichtet wurde. Weil das nicht reicht, sucht Personaldezernent Jürgen Schmidt Mitarbeiter, die sich freiwillig und zeitweise in den Sozialbereich versetzen lassen. Auch sollen pensionierte Beamte gewonnen werden, die für einige Stunden wieder arbeiten.

Trotz der Belastung hört man auch viel Zuversichtliches. „Die Flüchtlinge werden wir unterbringen und versorgen“, sagt Dezernentin Münich. Schmidt: „Wir sind ins Gelingen verliebt.“

Sportler räumen Turnhalle an der Landwehr für Flüchtlinge

In der Turnhalle an der Landwehrschule kann ab sofort kein Schul- und Vereinssport mehr stattfinden.

Am Donnerstag hat die Stadtspitze entschieden, dass in der Halle am Rechenacker Flüchtlinge untergebracht werden. Die 600 Quadratmeter große Halle mit vom Schulgelände getrenntem Eingang wird bis Mitte der nächsten Woche zur Erstaufnahmestelle umgebaut. 120 bis 150 Menschen könnten dort leben. Das reicht nach derzeitigem Stand aber nicht: Bis zum Ende des Jahres fehlen laut Stadt mindestens 600 Plätze.

In der Turnhalle haben nicht nur die Kinder der Landwehrschule Unterricht. Sieben Vereine trainieren dort, darunter Bogenschützen und Handballspieler. Mit ihnen hat die Stadt Kontakt aufgenommen, es gab Telefonate und E-Mails. Der Sportbereich bemühe sich, Alternativen für die Vereine zu finden, sagt Dezernent Frank Motschull. Zugleich bremst er allzu hohe Erwartungen: „Wir haben in anderen Flüchtlingsunterkünften bereits vier Sporthallen belegt, den Wegfall einer fünften können wir wohl nicht mehr kompensieren.“

Er rechne deshalb mit Kritik aus den Sportvereinen, wofür er auch Verständnis habe. „Es tut mir leid, aber der Druck Unterkünfte zu finden, ist zu groß.“

Vergangene Woche hatten Politiker abgelehnt, Zelte als Unterkunft aufzubauen.