Oberhausen. In Dortmund schon Realität, in Oberhausen leider noch Zukunftsvision. Doch 99 Weinstöcke sind auch an den Südhängen der einstigen Köttelbecke möglich.
Ein edler Tropfen vom Oberhausener Ufer des einst so sehr stinkenden Abwasserflusses Emscher? Das klingt merkwürdig, ist aber nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch möglich – sagen zumindest Fachleute der Rebenkunst. Doch bis süße Trauben an der Emscher zwischen Autobahn A 42 und Rhein-Herne-Kanal wachsen, müsste noch einiges passieren. Das Vorbild für dieses Unterfangen ist allerdings schon in Dortmund-Hörde geglückt.
Gemeinsam mit der Universität Neustadt startete die Emschergenossenschaft im Frühjahr 2012 ein gewagtes Projekt: Wein vom Südhang der Emscher. Am renaturierten Teil des Flusses pflanzte das Wasserwirtschaftsunternehmen am frisch entstandenen Phoenix-See 99 Rebstöcke.
Verkorkt, verkostet, verkauft
Die erste Lese wurde verschenkt, die zweite aus dem vergangenen Jahr weiterverarbeitet. Im Juni dieses Jahres dann Verkosten, Verkorken, Versteigern. „35 Liter Weißwein auf 70 Flaschen haben wir bei einer Auktion für einen guten Zweck versteigert. Das niedrigste Gebot lag bei 200, das höchste bei 700 Euro“, sagt Ilias Abawi, Sprecher der Emschergenossenschaft. Insgesamt waren durch die Versteigerung 4200 Euro an Spenden zusammengekommen.
Ob solch ein Projekt auch an den Emscher-Deichen möglich ist? „Das geht durchaus“, meint Abawi. „Von der Grenze zu Bottrop verläuft der Fluss ja gerade nach Westen bis zum RWO-Stadion. Dort wären ausreichend Südhänge vorhanden.“ Abawi betont aber ausdrücklich, dass keine Weinpläne für Oberhausen vorliegen. „Wir haben uns mit weiteren Standorten noch gar nicht beschäftigt. Derzeit sind wir ausreichend mit dem Emscherumbau beschäftigt.“
Hinzu kommt, dass Hörde auf eine Winzer-Tradition zurückblicken kann. Bereits im Mittelalter wurde in dem Dortmunder Stadtteil Wein angebaut. Außerdem liegt das aktuelle Anbaugebiet in unmittelbarer Nähe zum Phoenix-See. „Dies ist ein zusätzlicher Vorteil, allerdings kein Muss.“
Eine ganz neue Lebensqualität
Dennoch würde Ilias Abawi sich weitere Rebstöcke entlang der Emscher wünschen. „Dies sorgt für eine ganz neue Lebensqualität an der einstigen Köttelbecke.“
Einen großflächigeren Anbau kann die Emschergenossenschaft aber allein schon aus rechtlichen Gründen nicht in Angriff nehmen. Laut EU-Recht dürfen nicht mehr als 100 Rebstöcke gepflanzt werden. Ansonsten würde der Anbau als professionell angesehen und mit neuen Auflagen verbunden.
Bleibt noch die wichtigste Frage zu klären: Wie schmeckt der 10,5-Prozent-Weißwein denn nun? „Das ist ein leckerer Sommerwein“, meint zumindest Abawi.