Sterkrade. . Der Spatenstich fürs Elly-Heuss-Knapp-Quartier fand im September 1965 statt. Die Pflege der betagten Mitbürger ist im Wandel.

Auf fruchtbarem Boden begann in Sterkrade vor einem halben Jahrhundert die Geschichte der Elly-Heuss-Knapp-Stiftung. Am 10. September 1965 griff die damalige Oberbürgermeisterin Luise Albertz zum Spaten und legte den Grundstein zu einem Vorreiter-Projekt in der Altenpflege – damals sogar bundesweit beachtet.

Udo Spiecker, Leiter der Alteneinrichtungen der Stadt (Aso), der in der „Elly“ sein Büro hat: „Die Häuser entstanden auf Feldern eines ehemaligen Bauernhofs.“ Der Rat der Stadt wollte in den 60er Jahren eine Einrichtung für betagte Oberhausener bauen. Alles fing an mit kleinen Wohnungen in 20 Bungalows und einem Veranstaltungssaal an. All das gibt es noch immer.

Grenzen der häuslichen Pflege

Etwas später entstand das Haus 7-9 für betreutes Wohnen. Spiecker: „Es war die Zeit der Kohlekrise. Hätte sich Luise Albertz nicht so vehement für das Haus eingesetzt, wäre es wohl nie gebaut worden.“ Auch „7-9“ steht noch, die Wohnungen sind begehrt, sagt Spiecker.

Er spannt den Bogen zu heute: „Damals war es nicht selbstverständlich, dass sich eine Stadt in der Altenpflege engagierte, heute ziehen sich viele Kommunen aus dieser Aufgabe zurück. Doch Oberhausen steht zu dieser Verantwortung.“ In den „Heimen“ von damals waren Mehrbettzimmer üblich, heute sind Einzelzimmer die Regel. Auch die Elly-Heuss-Knapp-Einrichtung hat den Entwicklungen Rechnung getragen. Zwei Gebäudekomplexe fielen der Abrissbirne zum Opfer; an ihrer Stelle entstand Neues.

Spiecker: „In den 1970er-Jahren gab es einen hohen Bedarf an Pflegeplätzen. Wir haben das Haus 2 gebaut mit 205 Plätzen.“ Anfang des neuen Jahrtausends war klar: Der Pflegeplatz-Bedarf sinkt, die Zahl der Plätze wurde auf 160 reduziert, am Ende wurde das Haus abgerissen. In den heutigen Neubau Bronkhorstfeld zogen 99 Bewohner ein, die restlichen sind geschlossen umgezogen in die neue Seniorenresidenz am Olga-Park. Spiecker: „Und ihre Betreuer gleich mit.“ Gab es einst die Gemeindeschwester und einige kirchliche Pflegedienste, so tummeln sich heute in Oberhausen mehr als 40 ambulante Pflegedienste.

Kritik übt Spiecker an politischen Bekenntnissen, die die Pflege zu Hause als einzig richtige präsentieren: „Dahinter stecken oft finanzielle Aspekte. Häusliche Pflege stößt an ihre Grenzen, wenn Menschen rund um die Uhr Pflege brauchen.“ Mehrgenerationenwohnen oder Wohngemeinschaften älterer Menschen hält er grundsätzlich für gut: „Aber man muss sich fragen: Kann ich einen meiner Mitbewohner wirklich pflegen?“

Das betreute Wohnen ist für ihn eine der besten Varianten: „Viele blühen hier auf.“

Saal soll Ort der Begegnung werden

Ab sofort fungiert die Elly-Heuss-Knapp-Stiftung unter neuem Namen: Elly-Heuss-Knapp-Quartier. Nicht freiwillig, sagt Spiecker: „Das Müttergenesungswerk hat sich den Namen Elly-Heuss-Knapp-Stiftung rechtlich sichern lassen, also mussten wir unseren Namen ändern.“ Am 1. September sind die letzten alten Schilder geändert worden: „Elly Heuss-Knapp sollte aber im Namen erhalten bleiben.“

Auch unter neuem Namen wird sich an der Teutoburger Straße künftig einiges tun, sagt Spiecker: „In zwei Jahren läuft die öffentliche Bindung für das Haus 7-9 aus, dann werden wir sehen, ob hier Handlungsbedarf besteht und überlegen, ob hier vielleicht Mehrgenerationenwohnen oder Wohngemeinschaften möglich sind oder aus zwei kleinen Wohnungen ein größere entstehen kann.“ Immer im Blick soll dabei aber sein, dass diese Angebote bezahlbar bleiben: „Nicht jeder hat eine dicke Rente.“

Irgendwann wird sich dann auch die Frage stellen, was mit den Bungalows werden soll, die allesamt nicht barrierefrei sind. Ihr Schicksal ist noch unklar.

Hingegen sind die Vorstellungen, was mit dem Saal geschehen soll, schon recht konkret. Spiecker möchte dessen Nutzung weiter ausbauen: „Mir schwebt ein Begegnungssaal fürs gesamte Quartier rundum vor.“