Oberhausen.. Das traditionsreiche Zuliefererunternehmen für die Eisenbahnbranche investiert zunächst 6,4 Millionen Euro in den Neubau einer Werkshalle.
Das Oberhausener Traditionsunternehmen Gutehoffnungshütte Radsatz GmbH, das seit Anfang 2014 zur tschechischen Bonatrans-Gruppe gehört, möchte am Standort in Sterkrade kräftig investieren. In einem ersten Schritt werden nun 6,4 Millionen Euro in die Hand genommen, damit der Zulieferer für die Bahnindustrie den Service-Bereich, der Instandhaltung und Wartung umfasst, ausbauen kann. Dafür sollen bis Ende 2016 an der Gartenstraße eine zusätzliche Werkshalle, ein Rohteillagerplatz sowie weitere Arbeitsplätze entstehen. „Bis 2020 wollen wir die Zahl unserer Mitarbeiter um zehn bis 15 Prozent erhöhen“, berichtet Geschäftsführer Ronald Seidelman im NRZ-Gespräch. Momentan zählt sein Unternehmen 270 Beschäftigte.
Wandel in der Bahnbranche
Madrid, Mailand, Taipeh und bald auch chinesische Metropolen: Was 1808 mit der Fertigung von Rädern für Minenfahrzeuge für den hiesigen Bergbau begonnen hat, ist inzwischen zum globalen Geschäft geworden. Gummigefederte Räder, Radsätze und Niederflur-Fahrwerke der GHH Radsatz sind überall auf der Welt in Straßen- und U-Bahnen aber auch in Hochgeschwindigkeitszügen verbaut. „Wir sind Weltmarktführer im Bereich Niederflurfahrzeuge“, erklärt Seidelman mit Stolz in der Stimme. Alstom, Bombardier, Plasser oder Siemens, sie setzen alle auf Produkte aus Oberhausen. „Mit der Ausnahme von Fahrzeugen des Bereiches Fracht sind wir überall in der Branche präsent.“
In den vergangenen Jahren habe sich das Geschäft jedoch verändert. „Die staatlichen Bahnunternehmen haben durch private Anbieter Konkurrenz bekommen“, sagt Peter Fahl, Leiter Service bei GHH Radsatz. Zuletzt sei dies auch in Nordrhein-Westfalen deutlich geworden. Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) vergab etwa Linien des geplanten Rhein-Ruhr-Expresses an Abellio Rail und National Express, aber eben nicht an die Deutsche Bahn. „Diese privaten Unternehmen verfügen teilweise jedoch nicht über die Kapazitäten und das Know-how, um ihre Züge instand zu halten“, so Fahl. „Das gilt auch für viele kommunale Verkehrsbetriebe.“ Darum will GHH Radsatz den eigenen Service-Bereich ausbauen. „Wir bieten diesen Unternehmen dann die Instandhaltung und Wartung bei uns im Haus an.“
Weitere Investitionen möglich
Dies sei ein enormes Wachstumsgeschäft, führt Seidelman aus. „Bislang machte der Service etwa zwei bis 2,5 Millionen Euro unseres Umsatzes aus. Diese Zahl wollen wir vervierfachen.“ Durch die steigende Auftragslage, sei der Platz in den bisherigen Hallen – drei Produktions- und einer Lagerhalle – knapp geworden. „Bisher gehörte das nicht zu unserem Kerngeschäft. Nun wollen wir das als wirkliches Standbein des Unternehmens aufbauen.“ Die Gespräche mit der Stadt Oberhausen bezüglich der Baugenehmigung laufen. Weitere Investitionen, die über die 6,4 Millionen Euro hinausgehen, sind nicht ausgeschlossen.
Auf Leiharbeiter im größeren Umfang verzichte GHH Radsatz, maximal zehn Prozent der Belegschaft soll nicht direkt beim Unternehmen beschäftigt sein. „Wer sich als Leiharbeiter bewährt, der hat später die Aussicht, fest übernommen zu werden.“ Auch in den Nachwuchs werde investiert. „Wir haben insgesamt einen Durchschnitt von 15 bis 20 Auszubildenden in unterschiedlichen Berufen. Außerdem arbeiten wir eng mit der Hochschule Ruhr West zusammen.“ Jungen, aufstrebenden Maschinenbau-Studenten aus der Region wolle man eine Perspektive bieten.
Gleichzeitig will das Unternehmen aber auch durchaus deutlich machen, dass der Wirtschaftsstandort Oberhausen, die Region und das Land, die Industrie brauchen. „Nur mit Handel und Dienstleistungen funktioniert die Wirtschaft nicht. Es braucht auch Industrieunternehmen wie unseres.“
Unternehmensgeschichte seit 1808
Die Unternehmensgeschichte der GHH Radsatz reicht bis in das Jahr 1808 zurück – damals begann die Fertigung von Rädern für Minenfahrzeuge, die im Bergbau zum Einsatz kamen. Aus dem Bereich Radsatzfertigung der MAN Gutehoffnungshütte wurde 1994 die eigenständige GHH Radsatz GmbH. In den nachfolgenden Jahren wurde die GHH Radsatz übernommen und wieder verkauft an Unternehmen wie Thyssen Guß und SAB Wabco, was zu einem weiteren Ausbau des Produktportfolios führte. Im Jahr 2008 übernahm die GHH die französische Valdunes Gruppe. „Diese Fusion funktionierte jedoch nicht wie erhofft“, so Ronald Seidelman. 2013 geriet der französische Geschäftsteil jedoch in eine Schieflage. Zum 1. Januar 2014 übernahm die tschechische Bonatrans die GHH Radsatz. „Bonatrans ist im Privatbesitz und unterscheidet sich daher von Investmentfirmen“, verdeutlicht Seidelman. „Der Inhaber zeigt mit dieser Investition, dass er an den Standort Oberhausen mittel- und langfristig glaubt.“
Wichtig ist Seidelman, die Pläne seines Unternehmens transparent zu machen. „Wir wollen unseren Nachbarn, die hier in Sterkrade in unmittelbarer Nähe zum Werksgelände wohnen, frühzeitig mitteilen, was wir vorhaben.“