Oberhausen. . OGM informierte über die Unterschlagung von Smartphones. Lücken bei der Telekom und Nachlässigkeiten bei der OGM als Gründe für die späte Entdeckung.
Auf mehr als 720.000 Euro beziffert die Stadttochter Oberhausener Gebäudemanagement GmbH (OGM) den Schaden, der ihr durch die Unterschlagung von insgesamt 3322 Smartphones entstanden ist – diese Summe muss sie als Vertragskosten an die Deutsche Telekom zahlen. Zwei Mitarbeiter, die inzwischen nicht mehr im Unternehmen tätig sind, hatten zwischen September 2011 und Oktober 2014 die Geräte unrechtmäßig bestellt. Anschließend verkauften die Beiden die Geräte privat und übers Internet weiter. Allein der Verkehrswert der Geräte beläuft sich auf etwas mehr als 800.000 Euro. Diese und weitere Informationen legte die OGM gestern zum Handy-Skandal offen, dessen Dimension seit November 2014 erst nach und nach deutlich wurde.
Veruntreuung
Noch nicht geklärt ist, ob die Duisburger Staatsanwaltschaft gegen mehr als nur zwei der ehemaligen OGM-Mitarbeiter Anklage wegen Veruntreuung erheben wird. Wie Oberstaatsanwalt Detlef Nowotsch erklärte, sei die Entscheidung noch nicht gefallen. Ob auch der ehemalige IT-Abteilungsleiter der OGM strafrechtlich belangt wird, ist noch offen. Der Vorwurf lautet auf Veruntreuung (StGB §266/266a). In einem schweren Fall kann dies eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren nach sich ziehen.
„Wir haben alles getan, um die Vorgänge aufzuklären“, legte OGM-Geschäftsführer Hartmut Schmidt die Karten auf den Tisch. Durch Lücken im Online-Bestellsystem der Telekom und das Fehlverhalten eines Vorgesetzten sei die massenhafte Bestellung von Smartphones ermöglicht worden. Die zwei fraglichen Sachbearbeiter, eine Frau und ein Mann, hatten zehn, beziehungsweise 20 Jahre bei der OGM gearbeitet – sie haben ausgenutzt, dass im Portal der Telekom in zwei Schritten die monatlichen Vertragskosten für die bestellten Smartphones von 70 Euro auf 1,99 Euro gedrückt werden konnten. Dem damaligen Abteilungsleiter mussten die beiden Hauptbeschuldigten dann nur noch die einzelnen Rechnungen über die subventionierten Handys zur Gegenzeichnung vorlegen, meist waren das Summen in Höhe von 8,50 Euro.
Tragweite zunächst unbekannt
„Hätten wir die Dimensionen damals im Ansatz geahnt, hätten wir mit den beiden Mitarbeitern keine Auflösungsverträge geschlossen, sondern sie fristlos gekündigt“, so Schmidt. Im November 2014 gab es eine erste Mitteilung der Telekom über Auffälligkeiten, damals wurde das Gespräch mit den beiden Sachbearbeitern gesucht, von denen einer Schwerbehindertenvertreter im Betriebsrat war. „Die eine Mitarbeiterin sagte nichts zu den Vorwürfen, der andere gab zu, zwei Handys abgezwackt zu haben“, erinnert sich Schmidt. Da der Betriebsrat einer fristlosen Kündigung nicht zustimmen wollte, kam es zu den Auflösungsverträgen.
Die Telekom war laut Darstellung der OGM wenig kooperativ bei der Aufklärung. Auf einen umfassenden Fragenkatalog der NRZ antwortete das Bonner Telekommunikationsunternehmen nur knapp. „Unsere Prüfungen zur genauen Schadenshöhe laufen noch“, heißt es von Pressesprecher Philipp Blank auf NRZ-Anfrage. „Wie wir damit weiter umgehen, klären wir dann“, so Blank. Mehr könne er derzeit nicht zu diesem Verfahren sagen.
Dass die unrechtmäßige Bestellung von mehr als 3000 Smartphones niemandem bei der OGM, beziehungsweise in der betreffenden IT-Abteilung, aufgefallen sein will, das war und ist für OGM-Geschäftsführer Hartmut Schmidt nur sehr schwer vorstellbar. „Ich weiß nicht, warum das nicht mal jemanden dort gewundert hat.“ Die Poststelle und die Buchhaltung seines Unternehmens nahm er jedoch gestern in Schutz. „Auf den Paketen steht schließlich nicht außen drauf, was innen drin ist. Die beiden Sachbearbeiter haben die Pakete meist direkt dort abgeholt.“ In der Buchhaltung seien die Einzelposten zu gering gewesen, um aufzufallen. „Die OGM hat einen Jahresumsatz von rund 100 Millionen Euro, 150.000 Rechnungsposten gibt es im Jahr.“
Abteilung wurde umorganisiert
In der IT-Abteilung wurden in der Folge von der Geschäftsführung mit allen Mitarbeitern Einzel- aber auch Gruppengespräche geführt. „Ich habe den Eindruck, dass wir mit den verbliebenen Mitarbeitern vertrauensvoll zusammenarbeiten können“, erklärte Schmidt.
Die Abteilung als solche wurde umorganisiert – eine neue Zwischenebene mit vier Mitarbeitern, welche den Sachbearbeitern vorgeschaltet werden, wurde eingerichtet. Zudem wechseln nun alle drei Monate die Berechtigungen für Bestellungen. Im Unterschied zu früher werden ferner künftig auch Bestellvorgänge unter einem Wert von 50 Euro kontrolliert.
Laut Hartmut Schmidt sei man derzeit in Verhandlungen mit der Telekom bezüglich der Schadenshöhe. „Alle Verträge wurden von unserer Seite gekündigt.“ Ob die 720.000 Euro zu zahlen sind, ist darum noch offen. Die OGM möchte in jedem Fall auf zivilrechtlichem Wege Schadensersatzansprüche gegen die zwei Sachbearbeiter, den ehemaligen IT-Abteilungsleiter und dessen Vertreter geltend machen. Vor dem Oberhausener Arbeitsgericht fand bereits am Dienstag ein erster Gütetermin statt: Bevor es um die konkrete Schadenssumme geht, möchte die OGM genau wissen, wie viele Handys weiterverkauft wurden.