Oberhausen. . Das Theater Oberhausen animiert Flüchtlinge zum Mitmachen. Ziel sei es, dass die Flüchtlinge ein Teil der Stadtgesellschaft werden, so Intendant Carp.

Sie sind auf der Flucht – vor Krieg, Vertreibung oder Gewalt. Gestrandet in den hiesigen Flüchtlingsheimen, auf der Suche nach Sicherheit und einer Zukunftsperspektive. Besonders dramatisch ist die Lage für junge Flüchtlinge, die ohne Begleitung, auf schwierigstem Weg nach Deutschland kommen und dabei ihr Leben riskieren. Hier angekommen, ist für sie alles fremd und neu: unsere Sprache, die Behördenabläufe, das Essen, unsere Kultur. Und genau für Letzteres engagiert sich das hiesige Theater mit verschiedenen Projekten, um die Integration zu fördern und Vorurteile abzubauen.

15 Männer aus den verschiedensten Nationen

Angefangen hat alles mit der Inszenierung des Stücks „Die Schutzbefohlenen“ von Elfriede Jelinek, in dem junge Asylsuchende ihre Odyssee nach Oberhausen schildern: „Wir standen vor der Frage, wie wir das Stück schauspielerisch umsetzen können. Als uns die Idee kam, dass echte Flüchtlinge von ihrer erlebten Situation erzählen“, sagt Intendant Peter Carp. 15 Männer verschiedenster Nationen aus der internationalen Klasse des Hans-Sachs-Berufskollegs sind seitdem Teil der Inszenierung: „Im Unterricht wurde der Text zusammen übersetzt und geübt – wir haben ihnen quasi Deutsch anhand von Elke Jelinek beigebracht“, erzählt Tilman Raabke, Chefdramaturg. Carp ist begeistert von den jungen Männern: „Es gab keinerlei Hemmschwellen. Sie waren sehr interessiert und sind gerne zu uns gekommen.“ Ziel sei es, dass die Flüchtlinge ein Teil der Stadtgesellschaft werden, Kontakte knüpfen und ein Netzwerk aufbauen. „Die Resonanz ist klasse. Es ist uns gelungen, ein politisches Thema aufzunehmen und Menschen damit zu erreichen. Außerdem besuchen die Flüchtlinge seitdem weitere Aufführungen oder waren bei den Kurzfilmtagen“, berichtet Carp. Die Reaktionen wurden zum Anlass genommen, um eine Podiumsdiskussion zur Flüchtlingsthematik zu veranstalten, um auch über das Stück hinaus einen gesellschaftlichen Diskurs über das Thema anzuregen. „Wir müssen erkennen, dass man die Flüchtlinge nicht mehr verdrängen kann, daher ist eine Aufklärung über mögliche Hilfeleistungen wichtig“, so Carp.

Doch das ist längst nicht genug: Im vergangenen Jahr stellte das Theater Flüchtlingen einmalig kostenlos Eintrittskarten für das Familienstück „In einem tiefen, dunklen Wald“ zur Verfügung: „Die Atmosphäre war sehr angenehm, die Familien, vor allem die Kinder, hatten viel Spaß in der Aufführung“, erzählt Michaela Schäper, Assistentin des Intendanten. Carp betont: „Es ist wichtig, dass unsere Kultureinrichtungen klare Zeichen für eine aktive Willkommenskultur in unserer Gesellschaft setzen.“ Bestehe erneut Bedarf, sei eine weitere kostenlose Vorstellung nicht ausgeschlossen.

Am 12. Juni feiert das Stück „Wasser“ Premiere, an dem sich 18 junge Menschen aus dem Flüchtlingsheim an der Weierstraße in Kooperation mit dem Berliner Ensemble „Wheels“, dem Theater Oberhausen, dem Heinrich-Heine-Gymnasium und der Musik- und Jugendkunstschule beteiligen. Worum geht es? Die Geschichte spielt im Jahr 2114 in einem Wasserinstitut. Wasser ist Macht und im Zentrum dieses Lebenssystems geschieht etwas Rätselhaftes: der gewaltsame Tod des Wasserministers. Die Zuschauer laufen durch die Gänge, schauen, rätseln mit und hören zu. „Wir möchten dazu beitragen, dass die Flüchtlinge hier Anschluss finden und Freundschaften entstehen“, erzählt Konstantin Buchholz, Initiator des Projekts.

„Wir haben als Theater erste Steinchen gesetzt, um den Flüchtlingen das Gefühl zu geben, dass sie nicht am Rand unserer Gesellschaft stehen, sondern ein Teil davon sind und die Stadt selbstbewusster zu nutzen“, so Carp abschließend.