Oberhausen.. Die Einwohnerzahl Oberhausens ist im Verlauf der 150-jährigen Geschichte Ausdruck der wirtschaftlichen Umstände. Die Entwicklung von 1862 bis heute.

In der Entwicklung der Bevölkerungszahl bildet sich Stadtgeschichte wie in einem Brennglas der wichtigen Entwicklungen ab. Die Wechsellagen der Demographie Oberhausens lassen dabei auf recht wechselvolle Abläufe schließen.

Im Verlauf von 150 Jahren ist die Einwohnerzahl vor allem Ausdruck wirtschaftlicher Umstände, aber auch besondere politische Ereignisse lassen sich ablesen. Zwei lange Phasen der Kontinuität werden unterbrochen von den Wechsellagen im halben Jahrhundert vom Ersten Weltkrieg bis zum Ausklang des Wirtschaftswunders. Dabei gilt: Wandel war irgendwie immer! Wenn wir heute vom demographischen Wandel sprechen, meinen wir einen langfristig angelegten und zugleich sehr vielschichtigen Prozess. In wenige Worte zusammengefasst: Wir werden mehr Haushalte, aber weniger, älter und bunter, und das recht kontinuierlich seit 1960.

Anteil der Familien nahm zu

In vieler Hinsicht das krasse Gegenteil machte die Oberhausener Bevölkerung im Gründungsboom unserer Stadt aus. Mit dem Bau des Bahnhofs in der Lirich-Lipperner Heide 1847, dann der Gründung der Bürgermeisterei Oberhausen 1862 und bis zum Ersten Weltkrieg 1914 wurden die Oberhausener im Gegensatz zur Gegenwart immer mehr, sie waren sehr jung, der Anteil der Familien nahm gegenüber den ledigen Männern allmählich zu, aber bunter, das wurden unsere Vorfahren um 1900 ebenfalls.

Sehen wir auf die Zahlen und deren Ursachen: Vom Bau der Eisenbahn 1846 bis zur Gemeindegründung schnellte die Einwohnerzahl von etwa 2000 auf gut 5500 hinauf. Dafür sorgten der Bau der Eisenhütte der JHH am Werksgasthaus und die Abteufung der Zeche Oberhausen um 1855, jedoch ebenso die neuen Fabriken rund um den Bahnhof, die wachsenden Bahnanlagen selbst sowie die Abteufung der Zeche Concordia 1850, die mit dem Bahnhof den Startschuss zur Industrialisierung dort gegeben hatte.

1874 bereits 15.000 Einwohner

Getragen von der Hochkonjunktur der Gründerjahre des Deutschen Reiches zählte Oberhausen bei Verleihung des Stadtrechtes 1874 bereits 15.000 Einwohner. Dann ging es mit der Industrie vorübergehend nur langsam bergauf und auch die Bevölkerung legte in den kommenden zehn Jahren lediglich um 1700 Menschen zu.

Als dann aber der Boom der 1890er Jahre einsetzte, erreichte Oberhausen nur zehn Jahre später schon 28.000 Einwohner. Nach Überschreiten der 40.000er Marke 1900 folgte die Kreisfreiheit 1901, und vor Eintritt in Eingemeindungen zählte dasselbe Stadtgebiet von nur 1300 Hektar 1909 dann 61.000 Einwohner. Bis 1915 kamen 35.000 durch Eingemeindungen, 7000 durch Bevölkerungswachstum hinzu.

Somit bedeuteten die Jahre um die Reichsgründung 1871 und um die Jahrhundertwende Zeiten eines stürmischen Wachstums, in welchen viele Herausforderungen gleichzeitig gemeistert wurden: neue Schulen und Straßen, neue Ver- und Entsorgungstechnik, ein Ausbau der Verwaltung und nicht zuletzt die Förderung von Wohnungsbau und die Genehmigung neuer Industrieanlagen.

Stagnation nach erstem Weltkrieg

Vom Ersten Weltkrieg bis zum Zweiten Weltkrieg legte Alt-Oberhausens Bevölkerung lediglich noch von 103.000 auf 110.000 zu. Auch in Sterkrade herrschte mit rund 50.000 und ca. 33.000 Einwohnern Stagnation. Darin spiegelte sich die veränderte Weltwirtschaftslage: Seit dem Ende der großen Inflation 1923 stand die deutsche Schwerindustrie in einem harten internationalen Wettbewerb. Rationalisierung statt Expansion war das Gebot der Zeit. Neue Arbeitsplätze entstanden nun vor allem noch in kleineren Unternehmen und in den aufstrebenden Dienstleistungen der City.

Die Staats- und Rüstungskonjunktur der 1930er Jahre ermöglichte dann bis 1939 zwar den Abbau der Arbeitslosigkeit aus der Weltwirtschaftskrise, indes kein neues Städtewachstum: aus 190.000 Einwohnern von 1929 waren bis 1939 gerade einmal 195.000 geworden.

Blitzwachstum nach dem Krieg

Der Zweite Weltkrieg und die ersten Nachkriegsjahre zeigten die Folgen politisch verursachter Not. Bei Kriegsende 1945 hatte Oberhausen gerade einmal rund 100.000 Einwohner. Die übrigen Oberhausener waren in Gefangenschaft oder auf das relativ bombensichere Land geflohen.

1946 hatten sich die Verhältnisse schon stabilisiert: 160.000 Oberhausener waren wieder am Ort. Von nun an vollzog sich über 15 Jahre bis 1960 der in absoluten Zahlen rasanteste Anstieg der Stadtbevölkerung: 100.000 Menschen mehr, über 260.000, sollten 1961 in Oberhausen leben. Dabei bildete der Geburtenüberschuss nur den geringeren Teil jenes Stadtwachstums.

Drei große Migrationswellen gestalteten die Stadt um: von 1945 bis 1950 kamen die Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten, von 1950 bis 1961 diejenigen aus der DDR. Und seit 1956 setzte die Zuwanderung aus dem Mittelmeerraum ein. All das geschah in dieser Dimension, weil die Wirtschaft an der Ruhr nach Menschen verlangte.

Im Zuge von Wiederaufbau und Wirtschaftswunder bildeten Kohle, Eisen und Stahl die wichtigsten Grundstoffe und Ausgangsprodukte, auf denen die immer erfolgreichere Wirtschaft der Bundesrepublik basierte. 1961 war Westdeutschland die drittgrößte Volkswirtschaft der Erde, und Oberhausen erzeugte fast zehn Prozent der nationalen Eisen- und Stahlerzeugung. Unsere Stadt war auf dem Zenit ihrer Prosperität und ihres Selbstbewusstseins. Wohl deshalb konnten sich die Zeitgenossen noch nicht vorstellen, dass einmal ein Zeitalter ohne Stahlindustrie in Oberhausen vor ihnen lag. Entsprechend schleppend verlief die Umstellung auf die Förderung neuer Branchen. – Bis etwa 1980 trug die Hoffnung, eine Gesundschrumpfung der Hoag und von Thyssen steuern zu können.

Die Stadt schrumpft wieder – Spiegelbild des Strukturwandels

Parallel zum Abbau von Arbeitsplätzen sank die Bevölkerung über ein halbes Jahrhundert: 106.800 Beschäftigten im Jahr 1961 stehen heute 83.000 gegenüber. Oberhausens Bevölkerungszahl sank zugleich um 50.000 auf noch 210.000. Jedoch verstellt der Verlust von etwa 24.000 Arbeitnehmern, dass dies ein sehr erfolgreicher Saldo ist: Durch den Strukturwandel gingen in Oberhausen in den vergangenen 50 Jahren 58.600 Arbeitsplätze über sämtliche Industriebranchen verloren, davon alleine etwa 47.000 in der Montanindustrie.

Folglich lassen 33.000 tatsächlich neu geschaffene Arbeitsplätze ermessen, wie erfolgreich Oberhausens Stadtentwicklung seit 1960 dennoch war, wie leicht unsere Stadt ohne diesen erfolgreichen Strukturwandel wieder unter ihre Größe von 1946 gesunken wäre. Nichts gibt uns mehr Anlass zur Zuversicht, als Stadtgesellschaft auch die kommenden Jahrzehnte eines fortwährenden Wandels erfolgreich gestalten zu können.