Axel Rüenholl ist seit 2004 beim Weißen Ring tätig. Damals hatte er eine Fernsehdiskussion gesehen mit zwei Müttern, deren Töchter umgebracht worden waren. „Es war nur von den Tätern die Rede. Das konnte es nicht sein.”

Helden im Alltag

. . .heißt jetzt wieder die Aktion von RWW und WAZ, bei der wir in den nächsten Wochen acht Frauen und Männer vorstellen, die sich ehrenamtlich für ihre Mitmenschen einsetzen.

Hinterher entscheiden Sie, liebe Leser, wer die Preise im Wert von 3000, 2000 und 1000 Euro bekommt. Das Geld fließt den Projekten zu, für die sich die Preisträger engagieren.

Das könnten sie nicht, sagen viele, wenn Axel Rüenholl ihnen von seiner Arbeit beim Weißen Ring in Oberhausen erzählt. Dort betreut der 69-jährige Rentner fast täglich Opfer von Kriminalität. „Sie alle sagen aber auch, dass sie unsere Arbeit bewundern”, so Axel Rüenholl. Er legt Wert darauf, nicht nur allein genannt zu werden, sondern auch die acht weiteren Mitarbeiter des Weißen Rings mit einzubeziehen. Sie machten schließlich die gleiche Arbeit wie er selbst auch. In der Tat sind es keine einfachen Fälle, mit denen Axel Rüenholl bei seiner ehrenamtlichen Arbeit konfrontiert wird. Vor allem das Stalking, die regelmäßige Verfolgung und Belästigung von Opfern, nehme immer mehr zu. So betreute er vor kurzem eine junge Mutter, die über das Internet einen neuen Mann kennengelernt hatte. „Vier Wochen war er die Liebe in Person und dann ging es los mit Schlägen, Einsperren und Vergewaltigung, alles in Gegenwart des Kindes”, blickt Axel Rüenholl zurück. Der Weiße Ring habe daraufhin auf eigene Kosten die Schlösser auswechseln lassen und über einen Rechtsanwalt eine einstweilige Verfügung zu einer Kontaktsperre erwirkt. Das sei ein paar Wochen gut gegangen, bis sich die Frau wieder auf das „Gesäusel” des Mannes eingelassen habe. Daraufhin sei alles nur noch schlimmer geworden, sodass der Weisse Ring die Frau schließlich in einer anderen Stadt untergebracht habe. Seit zwei Jahren betreut Axel Rüenholl einen jungen Russland-Deutschen, der zusammengeschlagen wurde, einen Kieferbruch erlitt und im Krankenhaus reanimiert werden musste. Er trug eine Schwerstbehinderung und Sprachschwierigkeiten davon. „Für jeden Brief bin ich zu ihm ins Krankenhaus gefahren”, berichtet Axel Rüenholl. Einer Frau mit zwei Kindern, deren Mann umgebracht wurde, besorgte er eine Wohnung, mehreren Türkinnen, die Opfer häuslicher Gewalt wurden, half er ebenfalls – die Liste ließe sich lange fortsetzen. Allein im letzten Jahr waren es 38 der 137 Oberhausener Fälle, um die er sich kümmerte. „Es gibt schon krasse Fälle, die unter die Haut gehen”, sagt Axel Rüenholl. „Die nimmt man dann auch mit nach Hause.” Doch überfordert sei keiner der Mitarbeiter, schließlich werde jeder zu Anfang auf seine Eignung hin überprüft, müsse dann ein Wochenende lang ein Grundseminar besuchen und sich in der Folgezeit mit mehreren Aufbauseminaren ein breites Fundament schaffen. Es war 2004, als Axel Rüenholl einstieg. „Ich hatte eine Fernsehdiskussion gesehen mit zwei Müttern, deren Töchter umgebracht wurden. Dabei war nur von den Tätern die Rede und ich habe gedacht, das kann nicht wahr sein”, erinnert er sich. Am nächsten Tag las er in der WAZ einen Artikel über den Weißen Ring und ging sofort dorthin, um sich vorzustellen. Jetzt ist er seit vier Jahren dabei und nimmt sich viel Zeit, um den Opfern vor allem erst einmal zuzuhören. Das Gefühl, dass da jemand zuhöre und einen ernst nehme, sei enorm wichtig für die Opfer. Eine Frau habe ihm zu Weihnachten mal auf einer Karte geschrieben, dass sie in ihrem Leben zwei Engeln begegnet sei: Der erste habe ihr das Leben geschenkt und der zweite war der Weiße Ring, der es ihr wiedergegeben habe. Das ist dann auch für den Helfer ein gutes Gefühl: „Es ist eine Befriedigung, dass man gebraucht wird und helfen kann. Manche würden nicht mehr sagen, dass sie das nicht auch machen könnten, wenn sie wüssten, wieviel einem das gibt.”