Oberhausen. In Oberhausen wird der Vorschlag der Gewerkschaft der Polizei kontrovers diskutiert. Diebstahl aber sehen die meisten als Straftat.

Soll die Polizei künftig wie bei Raser-Kontrollen auch für Ladendiebe, Schwarzfahrer oder streitende Nachbarn einfach Bußgelder verhängen dürfen? Ohne Ermittlungsverfahren oder Gerichtsprozesse? Das schlägt zumindest die Gewerkschaft der Polizei (GdP) NRW zur Entlastung der Polizei vor, um wirklich schwere Straftaten besser verfolgen zu können. Der Grund: Von 1,5 Millionen Straftaten in NRW würde nur die Hälfte aufgeklärt, weil die Polizei überlastet sei.

Volker Fritz, Vorsitzender der Oberhausener GdP, unterstützt den Vorschlag. „Nachbarschaftsstreitereien wurde beispielsweise früher an den Schiedsmann verwiesen, heute müssen wir aufwändig eine Strafanzeige schreiben.“ Oder: „Bei Ladendiebstählen werden sehr viele Verfahren eingestellt.“ Wenn die nicht zur Staatsanwaltschaft gingen, würde das Kapazitäten bei der Kripo sparen.

CDU-Fraktionsvorsitzender Daniel Schranz ist zwiegespalten

Zwiespältig sieht CDU-Fraktionsvorsitzender Daniel Schranz die neuen Ideen. Nur ein Bußgeld zu verhängen, sei gerade bei Diebstählen eine Verharmlosung der Straftat. Für Schwarzfahrer oder Nachbarn schließt Schranz ein solche Kurzverfahren durch die Polizei aber nicht aus. Er erinnerte an den Vorschlag der CDU im Landtag, Verwaltungsassistenten bei der Polizei zu deren Entlastung einzustellen. Oder: „Man könnte auch die Showgeschichten wie die Blitz-Marathons begrenzen“, sagt er.

Für bedenkenswert hält SPD-Fraktionschef Wolfgang Große Brömer den GdP-Vorstoß. „Wenn dadurch mehr Kapazitäten zur Bekämpfung des Wohnungseinbruches frei würden“, sagt er.

Auch Hans Otto Runkler (FDP) befürwortet eine vorurteilsfreie Überprüfung des Vorschlags. Bußgelder könnten eine ähnlich abschreckende Wirkung haben wie Strafen, sagt er.

Gewaltenteilung darf nicht aufgehoben werden

Oberhausens Ordnungsdezernent Frank Motschull warnt dagegen davor, Straftaten wie Ladendiebstahl oder Schwarzfahren zu bagatellisieren. „Ich finde die Zuständigkeiten wie bisher in Ordnung.“ Auch bei Verkehrsunfällen hält er eine Beweissicherung durch die Polizei auch künftig für wichtig.

Christian Friehoff vom Bund der Richter und Staatsanwälte NRW bezeichnet die Ausgangsthese der GdP als falsch, dass einfache Sachverhalte mit einem komplexen Ermittlungsverfahren erst nach Monaten entschieden würden. „Zudem ist der Lösungsvorschlag der GdP, Eigentumsdelikte als Ordnungswidrigkeiten durch die Polizei ahnden zu lassen mit unserer Verfassung kaum vereinbar. Er verkennt grundlegende Verfassungsregeln wie die Gewaltenteilung zwischen Polizei und Justiz.“