Oberhausen. . Unternehmer Thomas Hülsemann möchte in Oberhausen investieren, aber Familie Goschnick könnte möglicherweise Mieter abschrecken.

Die ganze Situation ist komplett verfahren. An der Straße „Im Waldteich“ stehen sich zwei Lebensentwürfe gegenüber, die so gar nicht zueinander passen wollen. Da ist auf der einen Seite der Unternehmer Thomas Hülsemann, der in seinem Unternehmen Ersatz- und Verschleißteile für Holzschleifmaschinen produzieren lässt und in diesem Jahr über drei Millionen Euro in die Erweiterung seines Betriebes investieren will.

„Chayenne’s Ponyreiten“

Und da ist auf der anderen Seite Familie Goschnick, die seit Jahren in direkter Nachbarschaft zum Unternehmen Hülsemanns auf einem Gelände von Thyssen Krupp in Wohnwagen kampiert. Mit Kindern, Enkeln, Hunden, zwei Lamas, einem Esel und fünf Ponys. Die Tiere sind in einem roten Zelt untergebracht. Die Familie sagt, sie betreibe einen Reitbetrieb: „Chayenne’s Ponyreiten“. Thomas Hülsemann sagt: „Da sitzen höchstens zehn Kinder im Jahr mal auf einem Pony.“

Das eigentliche Problem aber ist nun: Hülsemann muss ein oder zwei Etagen seines geplanten Neubaus vermieten, um das Projekt, das zwölf weitere Arbeitsplätze bringen wird, auch finanzieren zu können. Die potenziellen Mieter, das sei klar, würden auch Kunden in ihren Räumen empfangen. Na ja, und dann sind da eben Goschnicks in ihren Wohnwagen, die solche Kunden möglicherweise abschrecken könnten, wie Thomas Hülsemann befürchtet.

Goschnicks verstehen diese Sorge überhaupt nicht. „Mein Mann räumt doch sogar immer den Müll der Fernfahrer von der Straße“, sagt Kerstin Goschnick. Überhaupt sei ihr Mann gebürtiger Oberhausener, erklärt sie, warum der Betrieb gerade hier strandete. „Wenn wir einen anderen Platz bekommen könnten, würden wir den aber sofort nehmen“, sagt die Frau, die seit ihrem 18. Lebensjahr in Wohnwagen lebt und sich ein anderes Leben nicht vorstellen kann. Sie hätten schon so oft bei der Stadt nach einem Platz gefragt. Aber nirgendwo passten sie ins Bild.

Bei der Stadt wiederum sagt man, dass sie für diesen Fall gar nicht zuständig seien. Die Wohnwagen der Familie stünden ja auf Thyssen-Krupp-Gelände. Bei Thyssen wiederum ist die Familie, die nun seit fast drei Jahren auf dem Gelände kampiert, wohl irgendwie in Vergessenheit geraten. Dabei hatte diese Zeitung doch bereits vor zwei Jahren, am 26. Februar 2013, über Goschnicks und ihre Not, einen neuen Platz zu finden, berichtet. Damals hatte eine Sprecherin des Konzerns über die Familie gesagt: „Sie leben ohne Genehmigung auf unserem Gelände.“ Sie hätten Goschnicks mehrfach aufgefordert, die Fläche zu verlassen. Am gestrigen Dienstag erklärte eine Sprecherin: „Ich finde niemanden, der sich an den Fall erinnern kann.“ Am Mittwoch aber würde es ein Gespräch geben.

Fest steht nun lediglich, dass Goschnicks ihren Strom von der EVO beziehen. Und das ganz offiziell. „Sie bezahlen dafür“, sagte eine EVO-Sprecherin. Miete für die Fläche zahlen sie jedoch nicht, obwohl sie dazu bereit gewesen wären. Aber das hatte Thyssen Krupp vor zwei Jahren abgelehnt.