Oberhausen. . 28,7 Prozent der Unter-15-Jährigen in Oberhausen sind auf diese Sozialleistung angewiesen. DGB fordert Aktionsprogramm gegen Kinderarmut.

Mehr als 7400 Kinder in Oberhausen leben in einem Haushalt, der Hartz IV bezieht: Dass somit fast jedes dritte Kind unter 15 Jahren in dieser Stadt persönlich betroffen ist, stößt dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und auch dem Arbeitslosenzentrum Kontakt sauer auf. „Die Armut von Kindern wird in Deutschland oft beklagt und vielfach beschworen. Aber wenn es darum geht, sie zu bekämpfen, dann passiert zu wenig. Das passt nicht zusammen“, so Dieter Hillebrand, Regionsgeschäftsführer des DGB in Mülheim-Essen-Oberhausen. Auch Mike Laudon, Leiter des Arbeitslosenzentrums Kontakt, sieht zehn Jahre nach Einführung von Hartz IV viele Probleme. „Der Regelsatz reicht gerade einmal für das Notwendigste. Geschenke zum Geburtstag oder Weihnachten sind nicht drin.“

Genau 7427 Kinder lebten im September 2014 in Oberhausen in Hartz-IV-Verhältnissen – das sind 28,7 Prozent der Menschen in dieser Altersgruppe. Ihr Anteil ist damit mehr als doppelt so hoch wie bei Menschen im Erwerbsalter. Dort sind „nur“ 14,4 Prozent auf Hartz IV angewiesen. Zehn Jahre nach der großen Hartz-Reform ist die Zahl der betroffenen Kinder in dieser Stadt somit um rund 350 angestiegen.

Zahl ist weiter gestiegen

Besonders kritisch bewertet der DGB, dass gerade Kinder meist lange auf Hartz-IV-Niveau leben müssen – so wären es bei 64 Prozent der jungen Oberhausener im Alter von sieben bis 14 Jahren, die in einem solchen Haushalt leben, vier oder mehr Jahre.

Deshalb fordert der DGB ein Aktionsprogramm gegen Kinder- und Familienarmut. Der Bund sollte daher die Mehreinnahmen infolge des Mindestlohns für dieses Aktionsprogramm aufwenden. Die Umsetzung sollte dann unter Einschluss der Kommunen, der Sozialpartner und der Wohlfahrtspflege umgesetzt werden.

„Letztlich muss das Ziel sein, dass kein Kind in einer Familie aufwächst, in der beide Elternteile dauerhaft keiner Erwerbstätigkeit nachgehen. Hartz IV darf nicht zum „Lebensstil“ oder gar „vererbt“ werden“ so Dieter Hillebrand.

Kostenfaktor Handy

Wie wichtig grundlegende Veränderungen bei Hartz IV seien, verdeutlicht Mike Laudon: „Familien können sich vom Regelsatz nur das Lebensnotwendige leisten.“ Den Kindern im Sommer etwa eine Ferienfreizeit zu ermöglichen, sei kaum möglich. „Selbst die Kosten solcher Fahrten, die von Kirchengemeinden organisiert werden, können die Eltern nicht stemmen.“ Noch nicht einmal der Besuch eines Freibades in den heißen Monaten sei möglich. „Eltern müssen ihre Kinder leider oft zurückweisen, wenn sie mit ihren Freunden etwas unternehmen wollen.“

Ein eigenes Handy für die Heranwachsenden sei ebenfalls ein Kostenfaktor, den sich die Familien nicht erlauben können. „Wenn ein Kind Geburtstag hat oder Weihnachten ansteht, schauen viele Mütter und Väter, wie sie Geld für ein Geschenk aufbringen können.“ Wenn dann unter Umständen etwa die Stromrechnung in einem Monat nicht bezahlt werden kann, ziehe das eine wahre Schuldenspirale nach sich. „Da kommen die Betroffenden nicht so schnell raus.“