Die Alternativroute für die Weiterführung der Essener Straßenbahnlinie 105 nach Oberhausen, welche die CDU am vergangenen Freitag vorgestellt hat (wir berichteten), stößt weiterhin auf Kritik. Sowohl der Fahrgastverband Pro Bahn als auch die Fraktion der Grünen im Stadtrat und der Betriebsrat der Stoag lehnen den Vorschlag der Christdemokraten ab. Pro Bahn etwa sieht in einer Stellungnahme deutliche Nachteile im Vergleich zur städtischen Planung. Die Grünen sprechen gar von „bewusster Desinformation und Manipulation der Bürgerinnen und Bürger“.
Geringe Erschließungswirkung
Der Fahrgastverband sieht vor allem in der Einrichtung von eingleisigen Verbindungen große Nachteile. „Dies sei betrieblich problematisch, da bei nicht auszuschließenden Begegnungen von Bahnen wartende Züge die ÖPNV-Trasse in einer Richtung sperren würden, dies sogar an zwei Stellen“, heißt es in einer Stellungnahme. Die Erschließungswirkung der CDU-Trasse innerhalb der Neuen Mitte sei zudem gering, da Gasometer, Marina/Sea Life und Musicaltheater jeweils deutlich über 500 Meter von der nächsten Straßenbahnhaltestelle entfernt seien. Im städtischen Vorschlag gäbe es hierfür jeweils eigene Haltestellen, die vom Hauptbahnhof, vom Sterkrader Bahnhof und von Essen aus direkt angefahren würden.
Ein zusätzlicher Halt zur Verknüpfung mit der S 2 sei auch beim städtischen Plan möglich. Solange aber hier nur einmal pro Stunde ein Zug verkehre, sei dies verkehrlich kaum sinnvoll.
Pro Bahn hält die städtische Planung für insgesamt ausgewogen, Kosten und Nutzen stünden hier in einem angemessenen Verhältnis. „Der für ein solches Projekt ungewöhnlich hohe Nutzen-Kosten-Quotient von über 2 zeigt den hohen gesamtwirtschaftlichen Wert dieser Planung“, so Dirk Grenz, Vorsitzender des Regionalverbands Ruhr.
Die Grüne Ratsfraktion spart ebenfalls nicht an Kritik. Mit ihrem Antrag, der keine Alternative sei, unterstreiche die CDU-Fraktion lediglich, dass es ihnen weiterhin um bewusste Desinformation und Manipulation der Bürgerinnen und Bürger gehe, so Fraktions-Vize Andreas Blanke.
Durch die Einordnung der Straßenbahnen in den fließenden Verkehr sehen die Grünen ferner massive Auswirkungen auf die Grüne Welle in der Neuen Mitte. Rückstaus von der Europaallee bis zu den Parkhäusern insbesondere an stark frequentierten Samstagen seien deswegen zu erwarten. Nicht zuletzt würden an zwei Übergängen die Fuß- und Radwege Sterkrade und Alt-Oberhausen unterbrochen.
Die Kostenkalkulation der CDU – 55 Millionen Euro – sei eine „Milchmädchenrechnung“, so Blanke, da sie auf falschen Rahmenbedingungen basiere. Ebenfalls fehlen in der Rechnung die Kosten für die Rückzahlung der Fördermittel für die Knoten Europaallee/Osterfelder Straße.
Der Betriebsrat der Stoag begrüßt in einer Stellungnahme die Initiative „Sag ja zur 105“ ausdrücklich und schließt sich daher dem Aktionsbündnis an. Bei zwei Betriebsversammlungen sei die Belegschaft ausführlich über das Projekt „105“ informiert worden. „Durch die offenen Antworten konnten einige Befürchtungen der Arbeitnehmer ausgeräumt werden und auch das Stimmungsbild der Belegschaft direkt den politisch Verantwortlichen widergespiegelt werden“, so der Betriebsrat.
Ein „Schildbürgerstreich“
„Die von der CDU vorgeschlagene Variante mag zwar kostengünstiger sein, aber keinesfalls verkehrspolitisch sinnvoller“, heißt es in der Stellungnahme weiter. „Eine Investition von etwa 50 Millionen Euro für eine Straßenbahn, die auf der Essener Straße ebenerdig im Stau steht, bzw. den Individualverkehr auf der viel befahrenen Kreuzung Osterfelder/Essener Straße extrem behindert, würde sich vermutlich als Schildbürgerstreich erweisen.“ Sinnvoller sei eine Anbindung des ehemaligen Stahlwerksgeländes.