Oberhausen. . Im Technischen Rathaus in Oberhausen-Sterkrade musste die Künstlerin Maria Mancini vier Aktbilder abhängen, weil sich einzelne Bürger über die dargestellte Nacktheit aufgeregt hatten. Die Oberhausen Stadttochter OGM sah dazu keine andere Alternative. Ein Kommentar.
Man kann verstehen, dass es die Verantwortlichen nicht gerade erfreulich finden, wenn Beschwerden auf sie niederprasseln, erst recht, wenn es sich um die persönliche Einschätzung zu intimen Darstellungen von Menschen handelt. Und doch ist es ein großer Fehler, Bilder einer Oberhausener Künstlerin, die ein paar nackte Frauen zeigen, abhängen zu lassen.
Zu den über viele Jahrhunderte erkämpften Errungenschaften der westlichen Wertegemeinschaft gehören zwei zentrale Prinzipien: Die Toleranz Andersdenkenden gegenüber und die Freiheit des Einzelnen, sich auszudrücken. Diese Freiheit findet ihre Grenze nur dort, wo andere Menschen persönlich massiv geschädigt werden.
Eine Schädigung von Besuchern des Technischen Rathauses durch ein paar nackte Menschen anzunehmen , die ja noch nicht einmal live vor Ort sind, sondern als künstlerische Abbildung auftauchen, ist selbst beim besten Willen angesichts der Flut sexualisierter Darstellungen in der Öffentlichkeit nicht zu glauben. Wer die Bilder nicht mag, muss ja nicht gerade seinen Blick darauf verschwenden, sondern geht einfach seines Weges. Das ist nun wirklich das Mindestmaß an Toleranz, das für den Zusammenhalt unserer multikulturellen Gesellschaft unabdingbar ist.
Wer solche Nacktbilder abhängen lässt, sendet falsche Zeichen aus und gibt zentrale Werte der Mehrheit unserer Gesellschaft auf. Wenn einzelne Menschen also nur laut genug schreien, weil sie von sich behaupten, in ihren religiösen oder kulturellen Gefühlen verletzt zu sein, dann soll die Mehrheit kuschen und sich der Minderheitsmeinung fügen? Damit gibt man gerade fundamentalistischen Eiferern, prüden Moralaposteln, Freiheitsverhinderern, Extremisten jeglicher Couleur und körperfeindlich erzogenen Zwangscharakteren nicht nur einen breiten Raum, sondern lässt es gar zu, dass diese der Mehrheit ihren absonderlichen Willen aufzwingen.
Nun wird kurioserweise argumentiert, dass man im öffentlichen Raum sehr sensibel sein müsse, wenn man Kunstwerke aufhängt, in privaten Räumen seien solche Bilder ja kein Problem. Freiheit und Toleranz dürfen also noch in eigenen Wohnzimmern ausgelebt werden, aber nicht in Rathäusern, auf Straßen und Plätzen? Unsere Werte sind doch gerade die Basis fürs öffentliche Leben, dort beweist sich, ob Toleranz und Freiheit gelten. Deshalb müssen gerade strittige Kunstwerke öffentlich hängen.