Oberhausen. . Der 80-jährige Sänger Udo Jürgens demonstriert bei seinem umjubelten Konzert in der Oberhausener Arena nicht nur seinen unbändigen Charme und seine eindrucksvolle Stimme, sondern zeigt auch eine erstaunliche Kondition: Knapp drei Stunden lang unterhält er die ausverkaufte Arena.

Nach den ersten Sekunden ist das Konzert eigentlich vorbei. Udo Jürgens verbeugt sich, breitet die Arme aus. Das Publikum applaudiert. Hat sich von den Stühlen erhoben. Und noch bevor der 80-Jährige zum ersten Mal am schwarzen Flügel Platz nimmt, blickt er nachdenklich in die Halle, hält inne: „Es ist die Stunde der Dankbarkeit!“

Anzug, Weste und das rote Einstecktuch sitzen akkurat. Doch Udo scheut vor 10 500 Fans in der ausverkauften König-Pilsener-Arena allzu viel Routine, beugt sich immer wieder über das Piano an sein Mikrofon: „Ich weiß, dass dies alles nicht selbstverständlich ist.“ An seiner Seite spielt seit 38 Jahren das 25-köpfige Orchester von Pepe Lienhard mit Trommler Billy Todzo und Schlagzeuger Peter Lübke. „Das ist wie bei einer Ehe, hält nur länger.“

Geduld brauchen die Fans, bis sich der Meister zu seinen großen Hits durchgekämpft hat. Denn die gibt es allesamt erst in der zweiten Konzerthälfte: „Griechischer Wein“, „Aber bitte mit Sahne“ – „Ich war noch niemals in New York“, den Titel des Musicals, das im benachbarten Metronom-Theater gespielt wurde und den Sänger eng an Oberhausen bindet. „Ich habe das nicht vergessen und es macht mich stolz.“

Auffällig sozial- und gesellschaftskritisch

Udo ist auffällig sozial- und gesellschaftskritisch, was angesichts des Klassikers „Ein ehrenwertes Haus“ aus dem Jahr 1974 für ihn kein Neuland ist. NSA, und BND haben in „Der gläserne Mensch“ ebenso ihren Platz, wie die Eigenverantwortung jedes Einzelnen, seine Privatsphäre zu schützen.

Mit dem Song „Du bist durchschaut“ hatte Jürgens vor drei Jahren bereits offensiv gegen soziale Netzwerke wie Twitter und Facebook getextet. „Ganz offenherzig twitterst du. Gibst alles von dir preis. Den größten Mist – den kleinsten Scheiß!“ Das Internet vergisst nicht. Unerwähnt bleibt bei aller Netz-Kritik allerdings, dass Jürgens auf einer offiziellen Facebook-Seite mittlerweile selbst recht rege für Alben und Konzerte Reklame macht.

Oldies werden gespielt

Spätestens nach der Pause werden Gedankenspiele zurückgestellt: Besucher im bestuhlten Innenraum klappen die Sitze hoch. Ordner am Bühnenrand können heranstürmende Fans nicht halten: „Jetzt spielen wir ein paar Oldies!“ Dafür gibt’s aus dem Pulk der in Zehner-Reihen feiernden Fans rote Rosen. Und um 22.51 Uhr erscheint Udo Jürgens schließlich im unverzichtbaren Bademantel. Er wirkt fit, die Stimme ist für sein Alter fabelhaft. Und wenn man den Tourtitel „Mitten im Leben“ betrachtet, steht seinen Anhängern wohl mehr als nur das für den 27. März 2015 in Oberhausen angekündigte Zusatzkonzert ins Haus.